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Was ist ein Täterintrojekt, Dissoziation, eine PTBS - Folgen der Gewalt?
"Gewalt = Seelentod" ©Foto: S.D.Q.
...Beginn des Textes...

Wissenschaft: Was ist eine PTBS, Dissoziation, ein Täterintrojekt u.v.w.?

Dieses Werk wird immer noch erweitert - für alle Infos nenne ich die Fachquelle. Mein Anspruch ist, hochwertige Informationen zur Verfügung zu stellen. Letzte inhaltliche Erweiterung im Punkt 3.1.d (Täterintrojekte/täterloyaler Anteil) am 27.09.2024. Schauen Sie gerne regelmäßig vorbei.

Inhalt:






Wissenschaft

Das Gehirn wird stärker geprägt durch negative Erfahrungen als durch positive. Negativ heißt nicht, dass sie gleich so traumatisch sein müssen, dass es immer um Leben und Tod geht. Man weiß jedoch, dass schon wenige negative Erlebnisse tiefe Spuren im Gehirn hinterlassen können. Leider werden im Umkehrschluss gute Erfahrungen nicht im Gehirn mit gleicher Intensität abgespeichert. Der Grund: Als die frühen Menschen ständig Gefahren ausgesetzt waren, war es überlebenswichtig, auf jede kleinste Art von Gefahr zu achten und sie sich zu merken. [1]

Waren die ersten Menschen vor vielen Tausenden von Jahren mit etwas Angenehmem beschäftigt und giff ein Raubtier die Großfamilie an, war es überlebenswichtig, vom Glücksschaltkreis schnell in den Angstkreislauf wechseln zu können. Das erhöhte ihre Überlebenschance enorm. Es war also überlebenswichtig, sich alles Negative, Gefährliche und alle unterlaufenden Fehler penibelst zu merken, die einem später das Leben kosten könnten. Nachteil dieses Notfallprogrammes ist leider: Gute Erfahrungen verblasen schnell, eine einzige schlechte Erfahrungen - z.B. mit einem Menschen - kann alles zunichte machen. Die Fortführung der Beziehung scheint sogar oft gefährdet. Kurz gesagt: Unserer Gehirn ist auf Negativität programmiert. [1]

Es gibt immer mehr Beweise, dass es bei Erkrankten mit Posttraumatischen Belastungstörungen tatsächliche Änderungen und "Festschreibungen" gibt in den Hirnstrukturen, die für Angst und Gedächnis wichtig sind. [2]

In den mediobasalen Schläfenlappenstrukturen finden neuronale Veränderungen, sog. Erregungsverstärkungen, statt. Dies wird interpretiert als "molekulares Angstgedächnisses". [2]

Das Buch "Die Trauma-Trinität: Ignoranz-Fragilität-Kontrolle: Die Entwicklung des Traumabegriffs", von Ellert Njenhuis, 2016 siehe [11], berichtet davon, dass Beweise gefunden worden, dass bei Traumafolgestörungen (PTBS, DIS) das Corpus Callosum eine geringere Integrität aufweist. Die Ergebnisse gehen auf [12] zurück und bestätigen umfangreiche Hirnmessungen [13] an Kindern, die in der Kindheit misshandelt worden. Sie bestätigen auch Ergebnisse [14] an Jugendlichen, die in der Kindheit misshandelt wurden oder an Erwachsenen, die in der Kindheit misshandelt wurden [15]. Im Vergleich mit gesunden Kontrollpersonen wurde jeweils bei den vernachlässigten oder misshandelten Kindern ein kleineres Volummen des Corpus Callosum gemessen. Das Corpus Callosum ist die Balkenverbindung zwischen der linken und der rechten Gehirnhälte und ermöglicht die Kommunikation zwischen beiden Hälften.

Im Buch "Die Arbeit mit Selbstanteilen in der Traumatherapie", von Janina Fisher [16], berichtet die Autorin, dass diese o. a. Ergebnisse die Hypothese stützen, dass ein Zusammenhang zwischen Traumaprozessen und voneinander unabhängigen Entwicklung der linken und rechten Gehirnhälfte besteht. Die Kommunikationsdefizite zwischen beiden Gehirnhälften führen dazu, dass man am Ende von "zwei Gehirnen" sprechen kann, anstatt von einem integrierten. Diese Untersuchungsergebnisse gehen auf [17] zurück.

Laut der wissenschaftlichen Arbeit [18] zeigt sich an sexuell traumatisierten Frauen - im Vergleich zur Kontrollgruppe - eine verminderte Durchblutung im linken Hippocampus (sowie des Zuckerstoffwechsels) und in den Basalganglien. Diese Untersuchungsergebnisse werden im Zusammenhang gesehen mit den Übererregungssymptomen und mit mangelnder Impulskontrolle.

Laut dem deutschen Forscher Hans Markowitsch lassen sich die Prozesse im Hippocampus (dem Langzeitgedächnis, Anm. v. mir) und den Bereichen der Amygdala (das Emotionszentrum, Anm. v. mir) als Defizite der Informationsabspeicherung bezeichnen, Quelle [20]: wissenschaft.de-Artikel vom 15. März 2011, Autorin Susanne Rytina: Narben der Erinnerung. Aus Tierversuchen wisse man bereits, dass Stresshormone durch Andocken an diesen Strukturen die korrekte Verarbeitung der Erinnerung des Traumaereignisses verhindern.

Zwei Trauma-Forscher [19] machen das Stresshormon Kortisol dafür verantwortlich, dass Erinnerungen in Bruchstücke zerlegt werden. Das heißt, Zitat aus dem oben aufgeführten online-www.wissenschaft.de-Fachartikel [20]:

...Beginn Zitat...
"Informationen im Hippocampus werden eher isoliert gespeichert und sprachliche Erinnerungen - ein wichtiger Faktor der Traumaverarbeitung - unterdrückt."...Zitat Ende [20]...

Die Ergebnisse der Forscher [31] und [32] brachte 2011/2012 ans Licht, dass Patienten mit PTBS nicht nur eine Überreaktion der Hirnregionen haben, die mit Gefühlen zu tun haben (medialer präfrontaler Cortex, PFC, und vorderer cingulärer Cortex, ACC). Nein, selbst ohne äußereren Stress gibt es zwischen der Amygala (Emotionszentrum) und der Insula (eine von den fünf Großhirnlappen, die in das vegetative Nervensystem eingebunden ist) eine intensive Kommunikation. Leider beschränken sich diese intensiven Gefühlsreaktionen nur auf belastendene Erinnerungen. Auf angenehme, also positive Erinnerungen konnte allerdings kaum eine Gefühlsreaktion registriert werden. [33]

In einer bildgebenden Studie [34] aus dem Jahre 2011 mit PTBS-Erkrankten Soldaten konnte nachgewiesen werden, dass wenn die Vietnam-Veteranen stressreiche, aber alltägliche Situationen erinnerten, der präfrontale Cortex zu wenig reagierte, während die Amygdala (das Emotionszentrum) viel zu stark reagierte. Das bedeutet vereinfacht gesagt: Das traumatisierte Gehirn kann die Stressintensitäten nicht mehr differenzieren und reagiert immer auf die schlimmstmögliche Form, nämlich so, als ob wieder ein furchtbares, nicht-alltägliches Trauma passiert, wo es wieder um Leben und Tod geht. Das heißt, das traumageschädigte Gehirn verallgemeinert und verstärkt alle Stressreize.

Die Region des Vorderhirn (ACC) ist zuständig, dass Angstreaktion gedämpft werden können. Bei amerikanischen Kriegsveteranen hat man 2011 festgestellt, dass diese Region des Gehirns verkleinert ist. Es kann also nicht mehr helfen, Angstreaktionen zu kämpfen. [35]

Bei Personen aus der normalen Bevölkerung, die Gewalterfahrungen schon in der frühen Kindheit erfahren hatten, fand man heraus, dass ihr Kleinhirn (Cerebellum) verkleinert war. Frühe Gewalterfahrungen lassen das Kleinhirn also kleiner heranwachsen. Das verkleinerte Kleinhirn führt zu stärkeren Symptomen von Angst, Depressionen und Stimmungsschankungen. Diese Ergebnisse gehen auf die Arbeit von [36] zurück.

Zur besseren Abspeicherung von biografischen Erlebnissen benötigt und produziert die Amygdala (das sog. Emotionszentrum) einen Serotonin-Transporter namens 5-HTT. Menschen mit Traumafolgestörungen nach Gewalterfahrungen produzieren davon zu wenig. Die Folge ist: Mehr Angst im Organismus, mehr Depression und am allerschlimmsten: Das Gehirn produziert - durch die nicht ausreichende Menge von Serotonin-Transporter - immer wieder neue ängstliche und depressive Reaktionen, die die vorherige Angst wieder bestätigen. Das Gehirn hat "Angst gelernt" und bestätigt und festigt diese Angst auch immer wieder. [37]

Es ist auch bewiesen, dass Gewalt in der Kindheit zu einem geschrumpften Hippocampus führt. Dieses Schrumpfen des wichtigen Hippocampus hat man nicht nur bei der posttraumatischen Belastungsstörung festgestellt, sondern auch bei Depressionen und Schizophrenie. Quelle: welt-Artikel [40] vom 13.02.2012, Autor dpa/oc: Misshandlung lässt Hirnarele deutlich schrumpfen.

Zu dem selben Ergebnis kommen die Forscher [41]: Beide Geschlechter bauen in einer traumatischen Kindheit nicht genügend Volumen des wichtigen Hippocampus auf. Dabei ist der Hippocampus als (Zwischen-)Speicher für Abspeichern biografischer Erlebnisse von besonderer Bedeutung.

In Überblicksstudien der Forscherinnen [42] konnte als gesichert festgestellt werden, dass wesentliche Bereiche des Gehirns (Hippocampus, Amygdala, Insula und der mediale präfrontale Cortex) in ihren Funktionen so erheblich beeinträchtigt werden, dass Blockaden wie Dissoziation und Depression die Folge sind. Oder es führt zu ständiger Übererregung in Form von Flashbacks und Angstzuständen.

Die hier erwähnten Studien bzw. Forschungsergebnisse habe ich - wenn nicht direkt durch eine andere Quelle deklariert - immer aus dem Buch [26] "Der Feind im Inneren", von Michaela Huber, 2013, entnommen.

Mein Fazit:
All diese wissenschaftlichen Befunde (in der Tiefe) zu verstehen kann (etwas) überfordernd sein. Das gebe ich zu. Und diese Auflistung von gemessenen Hirnveränderungen ist mit Sicherheit nicht annähernd vollständig. Es ist meines Erachtens (vorerst) nur wichtig, sich zu merken, dass eine Traumafolgestörung keine einfache Erkrankung ist und schon gar nicht eine klassische Angsterkrankung wie z.B. eine Phobie oder eine Panikstörung. Sondern es haben gravierende neurologische Schädigungen durch wirklich erlebte (Todes-)Angsterlebnisse in den Regionen stattgefunden, wo Angst wahrgenommen bzw. reguliert wird.

Der Neurologe Prof. Dr. med. Friedrich Strian kategorisiert in seinem Buch [2] daher die Fülle an Angsterkrankungen in sog. primäre und sekundäre Angsterkrankungen. Phobien und Panikstörungen fallen in die Kategorie "primäre Angsterkrankungen", Traumafolgestörungen in die Klasse der "sekundären Angsterkrankungen". Trotzdem wird oft und gerne undifferenziert alles in einen großen Topf mit dem Namen "Angsterkrankungen" geworden.

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Das Gehirn hat die Fähigkeit, sich zu ändern, zu formen. Auch können mit Training die Nervenverbindungen zwischen bestehenden Nerven gestärkt werden. Je mehr wir eine Fähigkeit nutzen, um so unbewusster laufen die Abläufe ab. Dann fühlen sich Dinge ganz natürlich an. Neue Dinge sind jedoch erstmal völlig ungewohnt. Wenn wir etwas, eine Fähigkeit, wie z.B. eine Sprache nicht oft genutzt wird, verlieren wir die Fähigkeit. Das nennen Neurowissenschafter "Use it or loose it". Quelle: Artikel [108] vom 22.01.2019 von Dr. Ruth Mischnick: Neuroplastizität

Das heißt bezogen auf die Traumafolgestörungen: Es hat sich alles auf die "Festplatte" Gehirn eingebrannt. Aber mit ausreichend vielen Wiederholen kann man neue neuronale Wege gehen. Voraussetzung: viel Geduld und Ausdauer. Das gleicht einem Krafttraining. [108] Das gilt auch zur Heilung von Bindungsstörungen. Wenn man wiederholt gute Bindungserfahrungen macht, kann das Gehirn umlernen.

Dazu ein Zitat aus dem Buch [39] "Das bleibt in der Familie", von Psychologin Sandra Konrad, 2016:

...Beginn Zitat aus [39] Seite 190...
"Bindungsängste sind hartnäckig, und es braucht viele gute Erfahrungen in engen Beziehungen, um sich sicherer zu fühlen und alte Ängste und Misstrauen abzubauen. Wenngleich sich Bindungsschwierigkeiten durch gute Beziehungserfahrungen oder Psychotherapie reduzieren lassen oder gar heilen lassen, gibt es für schwere Bindungsstörungen eher schlechte Prognosen und eine hohe Wahrscheinlichkeit der transgenerationalen Weitergabe."...Zitat Ende [39]...

Verwendete Quellen: [1], [2], [11-20], [26], [31-37], [39-42], [108]

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In dem folgenden Text beziehe ich mich auf die umfangreiche Quelle "Schrei nach innen", von der Diplom-Soziologin Gabrielle Mörth [3] aus dem Jahre 1994, wenn nicht anders markiert. Aber da es Vergewaltigungen als Verbrechen seit Beginn der Menschheit gibt, ist die Aussagekraft der meisten Infos meines Erachtens zeitlos. Obwohl die zugrunde liegende Literatur sich nur auf weibliche jugendliche und erwachsene Opfer bezieht, sind die verherrenden Folgen beim männlichen Opfer ebenso vorhanden. Die Folgen für kindliche Opfer sind noch um ein zigfaches verherrender, siehe dazu Empirisches zu Kindesmissbrauch.

Hinweis: Viele Betroffene von sexueller Gewalt nutzen Selbstbeschreibungen wie "Überlebende/r - Surviver". Da jeder zum Zeitpunkt der Tat aber ein Opfer war, nutze ich immer den Begriff Opfer. So wird das große Unrecht und der erlittene Schmerz sichtbarer.

Die Vergewaltigung ist immer eine gewaltsame Grenzverletzung in den persönlichen Innenraum eines Menschen. Sie ist ein schwerer körperlicher Angriff. Sie führt zwangsläufig zu Demütigung, Unterwerfung und Zerstörung. Sie bewirkt eine ernsthafte Lebens- oder Identitätskrise und einen Bruch mit bisherigen Erfahrungen. Sie bewirkt auch oft eine Persönlichkeitsveränderung. War jemand vorher offen und kontaktfreudig war, wird man oft misstrauisch, ängstlich, depressiv. [4]

Das perfekte Verbrechen:
Dazu ein Zitat des Schweizer Psychologen Alberto Godenzi aus dem Jahre 1989 über die Schweiz, Seite 58, Quelle [3]:

...Beginn Zitat...
"Bei einer mittleren Dunkelziffer von 10 (auf eine Anzeige 10 Verbrechen) werden von 100 Tätern fünf gefasst und davon zwei verurteilt. Diese Minderheits-Männer sind die Vorzeigefälle der Justiz, der Stoff sensationsreicher Medien und die Weißwäscher vieler männlicher Westen und Gewissen. Eine Gesellschaft, die sexuelle Gewalt vermarktet, propagiert, braucht ihre Sündenböcke."...Zitat Ende [3]...

Auf die Zahlen bezogen bedeutet das: Auf 1000 Taten werden nur zwei verurteilt!

Vergewaltigungen können als Foltermethode, als systematische Kriegstaktik oder in intensiven Beziehungen (Ehe/Partnerschaft/Familie) stattfinden. Oder sie werden verübt von einem völlig Unbekannten oder im Rahmen einer flüchtigen Bekanntschaft. Die Vergewaltigung findet zu 55,7% in einer Wohnung, zu 11,6% in einem anderen Gebäuden, zu 17,8% im Freien und zu 14,9% im Auto statt, Quelle: Prof. Menachim Amir: Patterns in Forcible Rape, 1971. [5] Die Funktion einer Vergewaltigung ist:

...Beginn Zitat...
"Effektive soziale Kontrolle über Frauen; ein Disziplinierungs-, Zähmungs-, Züchtigungs-, und Bestrafungsmittel, indem schon die Möglichkeit einer Vergewaltigung alle Frauen in Angst versetzt." ...Zitat aus [5]...

Die Opfer schweigen in dem Maße wie ihnen rechtliche oder soziale Unterstützung nicht (mit Sicherheit) garantiert ist. Wenn Opfer und Täter sich flüchtig oder intensiv kannten, wird das Verheimlichen der Tat oft zur gängigen Strategie. Die gesellschaftlichen Vorurteile sind, das Opfer habe den Mann provoziert.

Hier zeigt sich eine sonderbare Logik: Scheinbar beharrt der Mann aus einer vorangegangenen gemeinsamen Aktivität (z.B. Kaffee trinken) auf sein "Anrecht", sein sexuelles Recht einzufordern. Aus der Sicht des Mannes scheint die Frau ganz plötzlich nicht auf seine sexuelle Annährung eingehen zu wollen. Das kränkt seine Männlichkeit, und er hole sich dann, was ihm doch zusteht, Quelle: Schriftenreihe des Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit, "Vergewaltigung als soziales Problem - Notruf und Beratung für vergewaltigte Frauen", Bd. 141, 1983, entnommen aus [3].

Menachim Amir [5], Professor der Kriminologie, konstatiert in einer repräsentativen Untersuchung, dass 71% der Vergewaltigungen von den Tätern geplant wurden. Es wurde entweder der Ort, die Überwindungsstrategie und/oder die Auswahl des Opfers geplant.

Opfer werden in allen Altersstufen von Baby/Kleinkind bis ins hohe Alter verzeichnet. Jüngeren Opfern fällt es jedoch oft einfacher, Taten anzuzeigen. Sie passen eher ins Bild des "jungen, schönen Opfers".

Taten werden nicht ausschießlich von Männern begangen, sondern Männer vergewaltigen auch andere Männer oder Jungen und vereinzelt Frauen Frauen oder Jungen.

Die Autorin Gabrielle Mörth [3] interviewte 5 vergewaltigte Frauen. Alle beschrieben die Täter bis zur Tat als "nett" oder "sympathisch".

Da die Frauen völlig unvorbereitet überfallen werden, haben sie keine Zeit oder die geeigneten Mittel einen Gegenangriff vorzubereiten. Auch können sie das Vorhaben des Täters nicht abschätzen und meistens können die Frauen ihre körperliche Kraft auch nicht einschätzen.

Wenn die Frauen es dann nicht schafften, diese notwendige Aggression erfolgreich aufzubringen, versuchten die meisten Frauen es mit verbaler Überzeugungskraft (sog. typisch weiblicher Verteidigungstechnick) den Täter, von seinem Fehlverhalten zu überzeugen und ihn von seinem Vorhaben abzubringen. Das ist zusätzlich erniedrigend und oft der letzte Akt der Verteidigung. Der Mann tritt eindeutig als Feind ihnen gegenüber auf. Die meisten Frauen treten jedoch nicht als Feindin auf, sondern werden zur "Flehenden, Bittenden, Weinenden, immer schwankend zwischen Widerstand und völliger Ergebung." ...Einige Worte aus Quelle [6], Seite 29, entnommen aus [3]... Gelingt das nicht, bleibt ihnen nichts übrig als sich zu fügen.

Je mehr Gewalt zu Beginn des Angriffs angewandt wurde, um so größer reagierten die Frauen mit Fügung.

Besonders die gezeigte Gleichgültigkeit, Emphatieunfähigkeit des Täters ihnen gegenüber erschüttern die Frauen. Die Frauen fragen sich, was in dem Kopf des Täters vor sich gehen mag. Hier trifft die erlebte männliche Gewalttätigkeit auf weibliche Aspekte. Denn die meisten Frauen denken und fühlen in Beziehungskategorien.

Durch den allmächtigen Täter, der über Leben und Tod entscheidet, erlebten die Frauen absolute Ohnmacht und Hilflosigkeit. Es bewirkt eine Rückentwicklung (Regression) in die Zeit des Kleinkindes, wo man auf die Fürsorge der Eltern angewiesen war. Dadurch wird maximale, existenzielle Abhängigkeit vom Täter geschaffen. Wie schon bei den Eltern muss die Enttäuschung, Wut und Aggression unterdrückt werden. Dies führt später oft zu Selbstanklage, Scham- und Schuldgefühlen.

Ray Wyre [7], ein Pionier in der Behandlung von Sexualstraftätern, bezeichnet in "Women, Men and Rape", 1990, die Zeit nach der eigentlichen Tat als die gefährlichste für das Leben der Opfer. Weil der Täter sich bewusst wird, dass die Frau ihn anzeigen könnte. Den Täter zu beruhigen bietet dem Opfer jedoch keine Gewähr zum Überleben. Denn die Opfer erlebten, dass der Mann plötzlich massiv gewalttätig geworden ist. Er könnte auch nach der Vergewaltigung wieder aggressiver werden. Hier zu nennen ist der "Würger von Boston", der seine gefügigen Opfer doch noch erwürgte. Viele Täter scheinen sich jedoch sehr gewiss zu sein, dass ihnen keine Konsequenzen drohen wird. Vor allem tritt das für die Täter zu, die ihr Opfer flüchtig kannten.

Alberto Godenzi legte in seiner umfangreichen Arbeit dar, (in der er auch Täter interviewte), dass die Täter die Nichtanzeige der Frauen als "Beweis" interpretierten, dass die Frauen sich wohl ihrer Eigenbeteiligung und Schuld im Klaren seien. [8]

Die Opfer erlebten Angst bis Todesangst. Sobald klar war, dass die Tat nicht mehr abzuwehren ist und passieren wird, erfolgte meist die Abspaltung, siehe Dissoziation. Die meisten Opfer empfinden während der Vergewaltigung nichts. Anderen gelingt eine Trennung von Körper und Empfindung. Andere schaffen es, an was anderes zu denken. Dieser psychische Abwehrmechanismus heißt Abspaltung (Dissoziation). Keine der interviewten Frauen konnte den eigentlichen Geschlechtsakt empfinden. Bei einer Anzeige bei der Polizei richten sich jedoch die gestellten Fragen aber genau auf den "Geschlechtsverkehr".

Durch die Abspaltung entstehen Amnesien. Und diese erschweren die traumatische Aufarbeitung erheblich.

Größtenteils verbreiten die Medien noch klassische Klischeevorstellungen eines Täterbildes. "Nett" und "sympathisch" passt nicht in das Bild eines Vergewaltigers. Die Klischeevorstellungen des verwahrlosten Täters etc. sind bei den Frauen so verinnerlicht, dass die Frauen sich im nachhinein alle als "naiv", "leichtgläubig" bezeichneten oder im "jugendlichen Leichtsinn" die Kaffeeeinladung annahmen. Hier zeigen sich verinnerlichte Klischeevorstellungen über einen bestimmten Tätertyps und der (angeblichen) Mitschuld der Frau an einer Vergewaltigung. Ist der Täter kein Fremder, sondern ein Vertrauter verwirrt dieses völlig. Denn so ein Täter passt nicht ins gesellschaftlich verinnerlichte Täterbild.

Die geringe Bereitschaft zur Anzeige erklärt sich durch weitere Gründe: Schon im privaten Bereich erlebt sich die Betroffene oft als Erklärende, Rechtfertigende. Aber am schlimmsten ist die Tatsache, dass Frauen bei der Polizei in eine Rechtfertigungsposition kommen, die eines Verhörs gleich kommt. Auch, wenn diese Zahl nicht mehr sehr aktuell ist, möchte ich sie nennen. 51% der befragten Personen im Rahmen einer repräsentativen Umfrage von Kurt Weis (1982), siehe [10.], gaben an, dass sie 51% der Vergewaltigungsanzeigen für Falschanzeigen halten. Diese Vorstellungen werden von der Polizei mit folgenden handebüchenden Begründungen untermauert: Eine Jugendliche mache eine Anzeige nur, da sie zu spät nach Hause gekommen ist und elterliche Sanktion erwartet. Eine Frau, die einen Exmann/- Freund anzeigt, wolle sich nur "rächen". Eine Frau, die Opfer einer Vergewaltigung wurde durch eine Zufallsbekanntschaft, möchte nur ihr schlechtes Gewissen auflösen über diesen "Seitensprung", falls sie in einer festen Partnerschaft leben sollte.

Die geläufigste Einstellung der Polizei ist, die Auffassung, die Frau hätte den Mann zur Tat provoziert oder eingeladen, sprich: falsche Signale gesendet.

Diese gefürchteten Umgangsformen der Polizei und Justiz führen dazu, dass so wenige Vergewaltigungen angezeigt werden.

Die Folgen einer Vergewaltigung unterteilt man in kurzfristige und langfristige Folgen. Zu den kurzfristigen Folgen gehören: Angst, Desorientiertheit, Nicht-Glauben-Können, Ruhelosigkeit, Weinen, Lachen oder nach Außen hin verschwiegen ("controlled style"=Gefühle bleiben verborgen hinter äußerlicher Ruhe.) Die meisten Opfer wollen schnell Distanz zu dem Erlebten herstellen.

Die erlebte Hilflosigkeit und Ohnmacht hat zur Folge, dass das Sicherheitsgefühl verloren wurde.

Gabrielle Mörth schreibt in [3] auf Seite 112 wortgetreu:

...Beginn Zitat...
"Allen Frauen ist nach einer Vergewaltigung gemeinsam, dass sie die vorangegangene Realität vorerst emotional nicht begreifen können. Die emotionale Erkenntnis eines massiven Einbruches in die Biografie einer Person beansprucht mehr Zeit als die kognitive." ...Zitat Ende [3]...

Die oft erlebten Schuld- Scham- und Ekelgefühle machen vorerst ein Aufkommen von Aggression und Wut unmöglich.

Neben all den körperlichen Verletzungen, die Opfern durch eine Vergewaltigung zugefügt werden können, leiden die Frauen langfristig an sexueller Unlust, Selbstekel, sich schmutzig fühlen, pathologischen Waschzwängen, Essstörungen, diffusen Ängsten, Alpträumen, Schlafstörungen, Berührungsängsten, Hoffnungslosigkeit, Depression u.v.m. Durch den erlittenen Verlust der Selbstkontrolle und Integrität entwickelt sich meist ein vermindertes Selbstwertgefühl.

Vielen Frauen war es nicht möglich, sich mit dem Erlebten auseinanderzusetzen. Das führte dazu, dass die Notwendigkeit zur Verdrängung der Tat weiter fortbesteht.

Wenn Leid und Schmerz nicht verarbeitet werden können, werden aber das Denken, Fühlen und Wahrnehmen eingeschränkt. Das führt zu zahlreichen psychosomatischen Beschwerden.

Die erlebten Schuldgefühle sind ein Kunstgriff der Psyche. Sie suggerieren, dass man eine Wahl gehabt hätte, als ob man Einfluss auf die Brutalität des Täters Einfluss gehabt hätte. [9]

Das Aufgeben des Schuldgefühls wäre ein Eingeständnis an die Ohnmacht und dass der Täter tatsächlich den eigenen Willen gebrochen hat. Dann kämen Trauer, Schmerz und Wut hervor.

Maren Licht [4] stellt in ihrer Arbeit fest, dass die anfänglichen depressiven Gefühlen Wut- und Rachegefühlen wichen. Vor allem je intensiver der erlittene Schaden erkannte wurde, um so stärker entstand die Wut. Und Wut löste dann die Angst ab. Fast alle Frauen empfanden Wut (nur eine nicht). Aber die Wut konnte auf keinen Täter gerichtet werden. Dazu hatte keine Frau eine Möglichkeit. Und die Wutgefühle wuchsen auch heran zu Rachegedanken oder gar zu Kastrations- und Mordwünschen.

Fazit:

Seit 2016 gibt es zunehmend die Nein-heißt-Nein-Debatten, siehe [21]:  Gewalt gegen Frauen e. V. Das ist auch dringend nötig, nicht nur aus juristischer, sondern auch als gesellschaftlicher Sicht.

Denn in diesem Buch aus dem Jahre 1994, mit dem ich gearbeitet habe, werden die 5 häufigsten Mythen bzw. Denkmuster über Vergewaltigung genannt. Kurt Weis [10] verweist auf eine repräsentative Umfrage zum Meinungsklima "Thema Vergewaltigung". Diese Vorurteile sind so grauenvoll, zum Beispiel heißt es: "Frauen provozieren sexuelle Gewalt." Fast 58% der Befragten sind der Ansicht, wer als Frau mit einem fremden Mann in ein Lokal geht, sollte den sexuellen Wünschen des Mannes nicht abgeneigt sein. Einen weiteren Punkt möchte ich noch aufgreifen, da ich ihn für aktuell halte: Vergewaltigungen sind Triebverbrechen. Man spricht von einem "Reiz-Reaktion-Schema", dem Männer (angeblich) unterliegen. Der männliche Sexualtrieb sei übermächtig. 88,7% der befragten Frauen glauben das und 78,7% der befragten Männer.

Die vom Schweizer Psychologen Alberto Godenzi befragten Täter beschreiben sich selbst zu 30% als Affekttäter. Allerdings ordnen nur 5 von den auch 156 befragten, vergewaltigten Frauen ihren Täter diesem Affekttyp zu. Diese beiden Aussagen decken sich mit dem Untersuchungsergebnis von Menachim Amir (1971), 71% der Taten seien geplant. [8]

Abschließend hier ein Artikel [22] aus der Süddeutschen vom 27.4.2016, Autorin Elisa Britzelmeier, über weitere empirische Zahlen bzgl. sexuellen Missbrauchs: 7 Fakten zu sexueller Gewalt.

Verwendete Quellen: [3-10], [21], [22]

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In folgendem Text beziehe ich mich auf die umfangreichen Informationen aus der Dissertation (Doktorarbeit) von Frau Barbara Haslbeck "Sexueller Missbrauch und Religiosität", [79], aus dem Jahre 2007, wenn nicht anders markiert.

Hinweise:
1. Viele Betroffene von sexueller Gewalt nutzen Selbstbeschreibungen wie "Überlebende/r - Surviver". Da jeder zum Zeitpunkt der Tat aber ein Opfer war, wird hier immer der Begriff Opfer genutzt. So werden das große Unrecht und der erlittene Schmerz sichtbarer.
2. Hinweis: Auch Frauen können sexuellen Missbrauch ausüben (siehe unten). Ich nutze der Einfachheit meist nur den männlichen Begriff: Täter.

In der Einleitung verweist die Autorin und Dissertantin auf das Phänomen, dass Missbrauch, v.a. in Familienstrukturen, immer noch verortet wird als Randphänomen, als Einzeltat eines Einzelnen, eines Kranken mit abnormaler und perverser Psyche. Offenbar fällt die Hilfestellung für Opfer von Missbrauch noch immer so schwer. Der Grund: Denn zum einen wird man mit dem großen Schmerz konfrontiert, zum anderen zerbricht das (Wunsch-)Ideal von einer glücklichen und heilen Familie.

Gerade in der wichtigen Lebensphase eines Kind, wo es Schutz, Liebe und Zuwendung zur Persönlichkeitsentwicklung braucht, erfährt es schlimmste Verletzungen, von Menschen, die zum "näheren Nutzraum des Kindes" gehören Worte entnommen von Seite 6, [79].

Sexueller Missbrauch erschüttert die Welt des Kindes in seinen Grundfesten. Sie ist ein Angriff auf seine Identität, wie es sinngemäß die Traumatologen Michaela Huber in [80] bezeichnet. Professorin für Psychologie Judith Lewis Herman beschreibt den Schaden für das Kind in "Narben der Gewalt" [81], 2006, Seite 77 mit folgenden Worten:

...Beginn Zitat...
"Traumatische Erlebnisse vernichten die Vorstellungen des Opfers von Geborgenheit, das Bewusstsein seines eigenen Wertes und die Überzeugung, dass der Schöpfung eine sinnvolle Ordnung zugrunde liegt."...Zitat Ende [81]...

Aber vor allen Dingen ist der erlittene Vertrauensverlust zu erwähnen: in die eigenen Fähigkeiten, in die Mitmenschen, die Lebenseinstellung. Durch den Bruch in den Strukturen der Welt ist auch das Vertrauen in Gott oft zerbrochen. Auf der anderen Seite kann man eine Stütze finden, wenn man an Gott glaubt.

Kritik am Begriff sexueller Missbrauch
Die Dissertantin kritisiert den Begriff sexueller Missbrauch von Kindern. Sie beanstandet auch den Begriff Miss-brauch. Dies suggeriert, dass es auch einen richtigen Ge-brauch gäbe. Man könnte auch so missverstehen, dass Kinder an dem sexuellen Missbrauch mitbeteiligt wären. Sie plädiert für die Terminologie, den Wortbegriff: Sexueller Missbrauch an Kindern.

Die Dissertantin Haslbeck kritisiert aber auch den Begriff "sexuell". In aktuelleren Diskussionen wird schon eher von sexualisierter Gewalt gesprochen. Das sei angemessen, denn es geht nicht um Sex, sondern um Gewalt die sexualisiert wird. Als Beispiel nennt sie das Beispiel mit der Bratpfanne: Würde eine Frau ihren Mann mit der Bratpfanne erschlagen, ist klar, dass es nicht ums Kochen geht. Die Bratpfanne sowie der Sex sind nur Mittel zum Zweck.

Allerdings hat sich in der Forschung, in der Gesetzgebung und im allgemeinen Gebrauch der Begriff sexueller Missbauch durchgesetzt. Der Begriff drückt auch das Gefühlerleben von Betroffenen aus: dass etwas mit ihnen gemacht wird, voran sie keinen Einfluss hatten. Update: Am 21. Oktober 2020 hat das Kabinett von Justizministerin Frau Lambrecht entschieden, dass nun doch der Begriff "sexualisierte Gewalt" in den Gesetzestexten den Begriff "sexuelle Gewalt" ersetzt.

Kriterien für sexuellen Missbrauch
Bei sexuellem Missbrauch unterscheidet man das Verhältnis zwischen Opfer und Täter und die Tat an sich. Man geht davon aus, dass er gegen den Willen des Kindes stattfindet. Allerdings hat man empirisch festgestellt, dass Kinder sich nicht immer willentlich wehren (konnten). Das erklärt sich aus der Missbrauchsdynamik: Das Kind ist auf Bezugspersonen angewiesen. Wenn es sein muss, ordnet es sich der Sichtweise des Täters unter, wenn dieser suggeriert "Das tut dir gut, deswegen willst du es doch auch". Missbrauch bedeutet, dass er gegen den Willen geschieht. Als alleiniges Kriterium reicht es aber nicht aus.

Es gibt das Konzept des wissentlichen Einverständnisses ("informed conscent"):
Vertreter dieser Meinung sagen, es wäre in Ordnung, wenn das Kind nur sein Einverständnis gibt. Tue es das nicht, sei das ein Verstoß gegen die Selbstbestimmung. Dazu muss man sagen, dass zwischen Erwachsenen und Kindern niemals sexueller Kontakt stattfinden darf! Kinder besitzen kein Bewusstsein, keinen emotionalen Entwicklungsstand bzw. Informationsstand darüber, was Sexualität bedeutet, und sie stehen meist in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Täter. Bei Kindern kann und darf man nicht von "freier" Entscheidung sprechen. Pädophilenlobbys sprechen gern davon, dass der Kontakt vom Kind ausgegangen ist oder führen aus, dass auch unter Erwachsenen nicht immer ein wissentliches Einverständnis abgegeben wird. Dazu lässt sich klar sagen, auch das sind bloß Scheinargumente, auch unter Erwachsenen spricht man dann von sexueller Gewalt.

Selbst wenn ein Kind eine sexuelle Eigeninitiative besitzt, ist es immer eine kindliche Sexualität und darf nicht für die Befriedigung von sexuellen Bedürfnissen von Erwachsenen missbraucht werden. Kinder können auch im Rahmen einer Psychodynamik zwischen ihm und dem Täter so konditioniert sein, für gewisses Verhalten etwas zurückzubekommen (Geld, emotionale Zuwendung etc.)

Sexueller Missbrauch kann mit oder ohne emotionale Erpressung stattfinden. Entweder bekommt das Kind zuhören, wenn Mama das erfährt, kommst du ins Heim oder hat dich nicht mehr lieb etc.", oder es reicht all das Machtgefälle zwischen dem Opfer und Täter, dass das Kind mundtot geworden ist.

Es ist unbestreitbar, dass sexueller Missbrauch im Kindesalter zu negativen Folgen führt. Allerdings stellen der promovierter Erziehungswissenschaftlicher Dirk Bange und der Professor für Kinder- und Jugendpsychiatrie Dr. Günther Deegener in ihrer umfangreichen Arbeit [82] fest, dass bis zu 1/3 aller weiblichen und 50% aller männlichen Opfer von sexuellem Kindesmissbrauch subjektiv nicht unter Folgen leiden. Ihrer Meinung nach ist das Ausmaß abhängig von der Schwere des Missbrauchs. Dieses ermittelte Ergebnis kommentiert die Dissertantin Haslbeck in ihrer Arbeit [79] mit der Erklärung, dass die Folgen des sexuellen Missbrauchs oft zeitversetzt auftreten. Viele halten die Ereignisse noch erfolgreich von sich abgespalten. Und: Jungen werden (im Gegensatz zu Mädchen) eher von Tätern missbraucht, die nicht zur Kernfamilie gehört. Je näher sich Täter und Opfer stehen, um so schlimmer die Folgeschäden. Daher können Jungen die Tat (angeblich? Anm.v.mir) etwas besser bewältigen. Allerdings sind männliche Opfer auf Grund der Geschlechterrollen gehemmter, sich als Opfer zu outen. Allerdings sei zu betonen, dass nicht erst Folgeschäden die Handlung zu etwas Schlechtem machen.

Sexueller Missbrauch kann mit oder ohne Körperkontakt stattfinden. Das bedeutet, dass der Täter in Anwesenheit des Kindes masturbiert, ihm pornografische Videos zeigt oder macht, oder es verbal mündlich sexuellen Handlungen auffordert. Ohne Zweifel können auch Handlungen ohne Körperkontakt zu Folgeschäden für das Opfer führen. Die Auswirkungen für das Opfer können ganz individuell sein.

Für das Jahr 2003 registrierte das Bundeskriminalamt in ihrer Kriminalstatistik 15.430 Anzeigen wegen sexuellen Missbrauchs nach §§ 176, 176a, 176b StGB [84]. Aufgrund der schwierigen Psychodynamik zwischen Opfer und Täter geht man von einer hohen Dunkelziffer aus. Und ein Fremdtäter wird eher angezeigt als jemand aus dem eigenen sozialen bzw. familiären Umfeld. In den 1980er Jahren schätze man diese auf 1:18 oder 1:20, das heißt, auf ein angezeigtes Delikt kommen 18 bis 20 nicht angezeigte Missbrauchsfälle. [84] So schätzt man, dass pro Jahr ca. 300.000 Kinder sexuell missbraucht werden. Später wurde die Zahl etwas nach unten korrigiert.

Unter Einbeziehung von Studien aus Europa und USA ergab 1997 die Arbeit von C. Ernst, dass 10-15% der Frauen und 5-10% der Männer bis zum Alter von 14 Jahren oder 16 Jahren mindestens einmal unerwünschten sexuellen Kontakt durch Gewalt erlitten haben. [85]

Macht spielt bei sexuellem Missbrauch immer eine Rolle. Auch wenn jugendliche Kinder missbrauchen können, zwischen Erwachsenen und Kindern ist immer ein ganz besonderes Machtgefälle. Erwachsene sind Kindern in allen Belangen überlegen: intellektuell, kognitiv, koordinativ. Sie können Essen z.B. auch beschaffen. Menschenkinder sind komplette "Nesthocker": Sie sind angewiesen auf ihre engsten Bezugspersonen, die sie versorgen. Einige Sozialforscher sehen darin die Grundvoraussetzung zum sexuellen Missbrauch: ihre Macht sexuell ausnutzen. Das heißt, wichtige Faktoren wie den Altersunterschied, die Abhängigkeit und Unterlegenheit werden ausgenutzt [86]. Andere Autoren [87] sehen im Missbrauch, dass eine Person (Kind) zur Befriedigung der sexuellen Bedürfnisse benutzt wird. Allerdings betonen sie auch, dass nicht-sexuelle Bedürfnisse wie "Macht zu erleben, zu erniedrigen und sich zu bestätigen" (Zitat, Seite 26) eine große Rolle spielen können. Als Handlungen werden nicht nur Handlungen durchgeführt, die sexuell assoziiert sind (Anfassen der Geschlechtsorgane, Geschlechtsverkehr u.ä.), sondern auch anzügliches wie Nachpfeifen, Nacktfotos zeigen oder erstellen. Alles passiert unter Ausnutzung des Macht bzw. Ressourcenverhältnisses.

Dr. Bange und Prof. Dr. Deegener definieren sexuellen Kindesmissbrauch folgendermaßen:

...Beginn Zitat...
"Sexueller Missbrauch an Kindern ist jede sexuelle Handlung, die an oder vor einem Kind entweder gegen den Willen des Kindes vorgenommen wird oder der das Kind aufgrund körperlicher, psychischer, kognitiver oder sprachlicher Unterlegenheit nicht wissentlich zustimmen kann. Der Täter nutzt seine Macht und Autoritätsposition aus, um seine eigenen Bedürfnisse auf Kosten des Kindes zu befriedigen."...Zitat Ende aus [82], Seite 105, entnommen aus [79]...

Missbrauch geschieht nie zufällig. Die Tat ist immer geplant strategisch. Und Täter suchen sich Kinder, die ein leichteres Ziel sind, d.h. die irgendeinen Mangel erleiden. Die Sozialwissenschaftlerin Anita Heiliger nennt in ihrem Buch [83] folgende Risikofaktoren, um Opfer eines Täters zu werden:

...Beginn Zitat - entnommen aus [79], Seite 32-33...

  • "Gefühl, ungeliebt zu sein, wenig Zuwendung, Anerkennung, Liebe und Wärme durch seine Bezugspersonen zu kommen,
  • geringes Selbstwertgefühl
  • defizitäre Lebenssituation der Mutter
  • allgemeines Gewaltklima in der Familie, das zu grundsätzlicher Einschüchterung des Kindes führt
  • autoritäres Verhalten des Vaters/Täters
  • traditionelle Erziehungsvorstellungen wie Verlangen von unbedingtem Gehorsam etc.
  • Probleme in der Beziehung zwischen den Eltern
  • ein Mangel an oder gänzliches Fehlen von Sexualaufklärung des Kindes."
...Zitat Ende aus [83]...

Der Trick der Täter ist: zu dem Kind vertrauen aufbauen, seine Bedürfnisse herausfinden und dann seine Wahrnehmung und von der Umwelt vernebeln. Nach Außen tritt der Täter dann als Vertrauensperson auf, der "gut mit Kindern kann". Die Taktik ist: Je höher sein Status ist, desto besser lässt sich dann der Missbrauch verheimlichen. Dann nehmen scheinbar zufällig die Berührungen an Kind zu. So sinkt die Hemmschwelle für weitere körperliche Nähe. Das Kind soll zunehmend unempfindlicher gemacht werden. Schlussendlich "füttert" der Täter die emotionalen und materiellen Bedürfnisse des Kindes - eingewoben in den sexuellen Missbrauch. Parallel folgen die Gewaltandrohungen und Schuldzuweisungen. So übernimmt der Täter die Kontrolle über das Kind. Der Missbrauch wird zum Geheimnis und das Kind immer mehr isoliert.

Die Dissertantin Barbara Haslbeck weist in ihrer Arbeit [79] daraufhin, dass in den Medien oft Täterzuschreibungen genutzt werden wie "Sexstrolch", "Sextäter" oder "Kinderschänder". Sie weist daraufhin, dass so der wichtige Machtaspekt des Täters dem Opfer gegenüber verzerrt wird und somit auch die Verantwortung des Täters verschleiert wird.

Laut der Kriminalstatistik (Seite 138) des Bundeskriminalamts aus dem Jahre 2003 sind die Täter überwiegend männlich 96,5% und nur 3,5% weiblich. [84]. Die Wissenschaftlerin Prof. Dr. Barbara Kavemann und Diplom-Pädagogin Gisela Braun jedoch schätzen aufgrund ihrer Praxis ihrer Beratung und Erforschung den Anteil an weiblichen Täterinnen auf 10-15%. [88]

Frauen als Täterinnen sprengen die stereotype Klischeevorstellung von jemand, der Kinder sexuell missbraucht. Die vorherrschende falsche Vorstellung, dass sexueller Missbrauch mit Sexualität zu tun hat, führt zwangsläufig zur Frage: Wie missbrauchen Frauen, wenn sie keinen Penis haben? Man kann sich noch vage vorstellen, dass eine Frau einen männlichen Heranwachsenden missbraucht, aber eine Frau missbraucht sexuell ein Mädchen? Das erscheint unvorstellbar. Das übliche Opfer-Täter-Schema (männliche Macht - weibliche Ohnmacht) wird auf den Kopf gestellt, die Grundvorstellung von Geschlechterrollen. [79]

Die Ursachen, dass Frauen zu Sexualstraftäterinnen werden, sind dieselben wie bei Männern [88]: Es geht um Bestrafen, das Erfahren von Macht, das Abwehren von eigener Wut, Neid, Ohnmacht. Das heißt, das Umkehren von Ohnmacht in Macht, denn das (eigene) Kind ist einem hilflos ausgeliefert. Mehr dazu lesen Sie unter Gibt es das Böse im Menschen? oder unter Zahlen und Fakten zur Weitergabe von Gewalt.

Neben dem Tabu der sexuellen Gewalt an Kindern gibt es das "Tabu im Tabu": sexueller Missbrauch an Jungen. Die Autoren Boehme/Julius ermitteln laut nationaler und internationaler Feldstudien, dass 3% bis 30% aller Jungen in der Kindheit Opfer von sexueller Gewalt werden. [89]

Missbrauchte Jungen unterliegen dem gesellschaftlich vorherrschenden Ideal des "starken" Mannes. Deswegen fällt es oft später schwerer, sich als Opfer sexueller Gewalt zu outen. Hinzu kommen oft Scham und Ängste, homosexuell zu sein. Es müssen ganz klar alle Tabus gebrochen werden: Frauen sind auch Sexualstraftäterinnen und Jungen auch Opfer!

Wer genau missbraucht Kinder?
1/3 sind Täter aus dem eigenen Haushalt: (Stief-)Väter, Mütter, Brüder, Großväter. Der größte Anteil kommt aus dem näheren Bezugsbereich der Familie außerhalb der Familie wie Verwandte, Babysitter, männliche Jugendliche oder außerfamiliäre Bezugspersonen wie Lehrer, Priester, Trainer, Bekannte und Fremdtäter. [90]

Missbrauch führt zu Schäden beim Kind, soviel steht fest. Allerdings beobachtet man nicht nur Schäden durch den Missbrauch an sich, sondern vor allem durch andere Risikofaktoren, die parallel zum Missbrauch ungünstige Rahmenumstände für die (Weiter-)Entwicklung für das Kind darstellen wie z.B. emotionale Vernachlässigung oder körperliche Misshandlungen. [82]

Viele Studien ermittelten folgende Risikofaktoren zur Ausbildung von psychischer und psychosomatischer (Folge-)Erkrankungen:

...Beginn Zitat [91], Seiten 4-18 - entnommen aus [79], Seite 36...

  • "Niedriger sozioökonomischer Status
  • Mütterliche Berufstätigkeit im ersten Lebensjahr
  • Schlechte Schulbildung der Eltern
  • Große Familien und wenig Wohnraum
  • Kontakte mit Einrichtungen der "sozialen Kontrolle"
  • Kriminalität oder Dissozialität eines Elternteils (=>Anm.v.mir: Siehe auch Dissoziation und Elternteil traumatisiert)
  • Chronische Disharmonie
  • Unsicheres Bindungsverhalten nach 12./18. Lebensmonat
  • Psychische Störung der Mutter/des Vaters
  • Schwere körperliche Erkrankung der Mutter/des Vaters
  • Alleinerziehende Mutter
  • Autoritäres väterliches Verhalten
  • Verlust der Mutter
  • Häufig wechselnde frühe Beziehungen
  • Sexueller und/oder aggressiver Missbrauch
  • Schlechte Kontakte zu Gleichaltrigen
  • Altersabstand zum nächsten Geschwister >18 Monate
  • Uneheliche Geburt"
...Zitat Ende aus [91]...

Je mehr Faktoren zusammen kommen, desto höher die Gefährdung für die weitere Gesundheit. Häufig treten mit sexuellem Missbrauch noch weitere Faktoren auf. Man spricht dann von Mehrfachbelastungen für das Kind, die sehr ungünstig sind. [79]

Auf die Tat bezogen sind laut vieler Experten die Schädigungen um so schwerwiegender:

...Beginn Zitat [92]...

  • "je größer der Altersunterschied (z.B. Generationsunterschied) zwischen Täter und Opfer ist;
  • je größer die verwandtschaftliche Nähe ist (sexuelle Übergriffe durch Autoritäts- und Vaterfiguren werden als besonders gravierend eingestuft;
  • je länger der Missbrauch andauert;
  • je jünger und weniger weit entwickelt das Kind zu Beginn des Missbrauchs ist;
  • je mehr Gewalt angedroht und angewendet wird;
  • je vollständiger die Geheimhaltung ist;
  • je weniger sonstige schützende Vertrauensbeziehungen, etwa zur Mutter, Geschwistern, Gleichaltrigen oder einer Lehrerin bestehen."
...Zitat Ende aus [92], Quelle: Risikofaktoren beim sexuellem Missbrauch aus Neurologen und Psychiater im Netz, Autor unbekannt, mit fachlicher Unterstützung von Prof. Dr. Jörg M. Fegert, Ulm (DGKJP)

Kurzfristige Folgen von sexuellem Missbrauch
Man unterscheidet zwischen Folgen, die Kinder nach Innen und welche die nach Außen gerichtet werden. Die Folgen kann man in 4 Bereich kategorisieren [87], [93]:

...Beginn Zitat [87], Seite 117f; [93], Seite 148-158, entnommen aus [79], Seite 28...

Somatische und psychosomatische Reaktionen:
  • "Verletzungen im Genital-, Anal- und Mundbereich
  • Würgemale und Hämatome
  • Geschlechtskrankheiten
  • Schwangerschaft
  • Kopf-, Hals-, Magen-, Bauchschmerzen unklarer Genese
  • Sprachstörungen
  • Konzentrationsstörungen
  • Essstörungen
  • Bettnässen
  • Selbstverletzendes Verhalten
Emotionale Reaktionen:
  • Angststörungen
  • Niedriges Selbstwertgefühl
  • Depressive Reaktionen
  • Suizidgedanken und -handlungen
  • Schuld- und Schamgefühle
Soziale Auffälligkeiten:
  • Isolation und Rückzug
  • Aggressives Verhalten
  • Leistungsverweigerung, Schulprobleme
  • Delinquentes Verhalten
Auffälliges Sexualverhalten:
  • Altersunangemessenes Interesse an sexuellen Handlungen
  • Offenes und exzessives Masturbieren
  • Frühe sexuelle Beziehungen
  • Angst vor Sexualität
  • Sexuelle Funktionsstörungen
...Zitat Ende aus [79]...

Die Reaktionen der Kinder sind unterschiedlich: Eines geht auf Rückzug und richtet Aggressionen gegen sich selbst in Form von selbstverletzenden Verhaltens. Ein anderes wird eher aggressiv und hat extreme Wutausbrüche. Es wird ein geschlechterspezifisches Verhalten sehen: Mädchen neigen zu auto-aggressiven Verhalten und Jungen zu aggressiven Verhalten, welches nach Außen gerichtet ist. [82]

Die Langzeitfolgen
Einige Kurzzeitfolgen können auch langfristig auftreten. Es gibt schlussendlich kein einheitliches Bild, wie man sexuellen Missbrauch erkennt. Aber typische Bereiche, in denen Störungen auftreten, sind folgende [94]:

...Beginn Zitat [93], Seite 118; [94], Seite 187-200 - entnommen aus [79], Seite 39

  • "Emotionale und kognitive Störungen: z.B. Angst, Scham- und Schuldgefühle, niedriges Selbstwertgefühl, negatives Selbstbild
  • Persönlichkeitsstörungen: z.B. Borderlinestruktur
  • Selbstverletzendes Verhalten
  • Psychosomatische Symptome: Schmerzen, Lähmungen, Funktionsstörungen, für die keine organische Ursache festzustellen ist
  • Dissoziative Störungen: z.B. Amnesien, Dissoziative Identitätsstörung ("Multiple Persönlichkeit")
  • Schlafstörungen
  • Suchtverhalten
  • Essstörungen
  • Sexuelle Störungen: z.B. Funktionsstörungen, Promiskuität
  • Störungen in interpersonalen Beziehungen: z.B. Misstrauen, Angst vor Nähe, Furcht vor Männern"
...Zitat Ende aus [79]...

Diese vielfältigen Beschwerden sind zeitlich nicht begrenzt. Auch Jahrzehnte später können sie wieder auftreten oder immer noch das Leben des/der Betroffenen beeinträchtigen.

Ein Symptom, welches noch nicht oben genannt wurde, möchte ich zum Ende aufführen: die Täteridentifikation. Sexueller Missbrauch führt dazu, dass das betreffende Kind völlige Ohnmacht, Verwirrung verspürt bis hin zu lebensbedrohlichen Angst. Durch die komplette Ohnmacht fängt es an, mit dem Täter und seinen Ansichten zu verschmelzen, um die traumatische Situation heil überleben zu können. Das führt dazu, dass "Gefühlsverschiebungen" (Wort entnommen aus [79], Seite 45) zwischen Kind und Täter stattfinden. Das heißt, das Kind übernimmt Anteile des Täters. Am Ende hat das Kind Botschaften übernommen wie:

...Beginn Zitat [79], Seite 46...

"Ich bin schuld; ich habe es gewollt; ich bin eine Hure; ich bin böse; ich hasse mich; ich bin ekelig"...Zitat Ende aus [79], Seite 46...

Hier finden Sie weitere Erklärungen zu Dissoziation und Täteridentifikation.

Zum Abschluss dieses Abschnittes möchte ich noch ein Thema, was Prof. Hermann in "Die Narben der Gewalt", 2006, [81] thematisiert, aufgreifen: Es geht um die Wahrnehmung der Tat in der Öffentlichkeit. Menschen fällt es offenbar leichter, jemanden, der eine Naturkatastrophe er/überlebt hat, und traumatisiert wurde, Mitgefühl entgegenzubringen als jemand, der so eine schlimme Tat erlebt hat. Bei Traumatisierungen, die durch Menschenhand absichtlich herbeigeführt wurden, bleibt beim Gegenüber immer die Verunsicherung, die Erschütterung seines eigenen Menschen- bzw. Weltbildes. Das kann dazuführen, dass Außenstehende das Opfer bzw. die Tat für unglaubwürdig halten. Sie können sich nicht vorstellen, dass Menschen so bösartig sein können. Das führt sogar soweit, dass dem Opfer Fantasie, Wunschdenken und eine krankhafte Struktur unterstellt werden können. Im Grund passiert das als Folge, was der Täter wollte: Das Opfer zum Schweigen bringen, wenn das Opfer sich entschließt, lieber zu schweigen.

Ähnlich beschreibt es Werner Tschan, Facharzt für Psychiatrie - mit Zusatzqualifikation zur Behandlung von Sexualstraftätern, in einem Interview veröffentlicht in der Baseler Zeitung (BaZ) am 2.2.2021 [113]. Er sagte, wenn die Straftat so abscheulich ist, glaubt man dem Opfer zu wenig. Der Reflex lautet zudem: Wenn das so wäre, müsste es längst aufgeflogen sein. Zusätzlich wissen die Fachleute und Strafverfolgungsbehörden einfach zu wenig über die unfassbaren Täterstrategien. V.a. in der rituellen Gewalt, wo die Täter in Netzwerken agieren, wollen diese verhindern, dass sich die Opfer an die Tat erinnern können, Stichwort: mindcontroll und Programmierungen durch gezielte Drogen und Gewaltandrohungen. Diese unvorstellbaren Vorkehrungen führen zu Persönlichkeitsabspaltungen und dissoziativen Störungen und sollen verhindern, dass sie später von den Opfern später belastet werden. Tauchen dann nach Jahren (z.B. in entspannten Situationen) erstmalig Flashbacks bei den Opfern auf, glauben die Opfer selbst nicht daran. Das Chaos ist perfekt.

[113]

Verwendete Quellen: [79], [80-94], [113]

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Ich möchte hier das brisante Thema der Anzeigepflicht von sexuellem Kindesmissbrauch anreißen. Es herrschen darüber sehr kontroverse Meinungen.

Außerdem möchte die Aussetzung der Vorratsdatenspeicherung, das Strafmaß bei sexuellen Kindesmissbrauch sowie bei Besitz von Kinderpornografie ansprechen.

Der Bund hat die Einführung dieser Anzeigepflicht abgelehnt mit der Begründung, dass betroffene Kinder sich jemanden anvertrauen sollen dürfen, ohne dass gleich zwangsweise eine Strafanzeige gestellt wird. Die Gesetzeslage besagt, dass Jugendämter, Privatpersonen und Kirchen nicht in der Pflicht sind, eine Anzeige zu stellen, wenn sie von einem möglichen Kindesmissbrauchfalls erfahren. Pädagogen können jedoch unter speziellen Umständen verpflichtet sein, eine Strafanzeige zu stellen, siehe [23]: Offizielle Stellungnahme des Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauch.

Einige Therapeuten lehnen diese Anzeigepflicht ab, zum Beispiel der Berufsverband psychosozialer Berufe [24]. Sie sagen u.a., dass es nur zu Problemen führt, wenn das nicht missbrauchende Familienmitglied zur Anzeige gezwungen wird. Einerseits werde es mit der eigenen Schuld (z.B. unterlassende Hilfeleistung oder Förderung von einer Straftat) konfrontiert, wenn die Person (z.B. die Mutter) davon gewusst hat. Anderseits kann bei Unkenntnis der Taten der Unglauben, was passiert ist, bei der Mutter z.B. sogar noch anwachsen, wenn auf Zwang eine Anzeige gestellt werden muss, so argumentieren sie. Auch erhöhe sich dann der Druck auf die jungen Opfer, denn nur selten sitzen die mutmaßlichen Täter in U-Haft. Die Kinder und Jugendlichen seien auch zu traumatisiert für mehrere belastende wieder retraumatisierende Aussagen im Ermittlungs- oder Strafverfahren. Darauf werde keine echte Rücksicht genommen.

In anderen Ländern (Schweden) gibt es jedoch genau diese kritisch gesehene Meldepflicht wie die Süddeutsche online berichtet [25], siehe ein Kommentar von 29.10.2019, Autorin Anna Frischhaber: Anzeigepflicht schützt nur Täter.

Sicherlich wäre eine umfangreiche Hilfestellung bei Strafprozessen, wie es Schweden laut der Süddeutschen berichtet, besser. Die Frage ist: Was machen die Schweden anders, dass es dort doch möglich ist? Das Argument der o.a. Therapeuten ist: Kinder möchten nur, dass der Missbrauch aufhört, aber dass ihre "Lebensituation" so bleibt wie bisher. Können denn z.B. diese Mutter, die den Missbrauch deckten oder gar förderten, später "so einfach" zu ausreichend guten, emotional zugewandten Müttern werden und erlittene Schäden in der Seele ihrer Kinder heilen/auffangen? Ist es nicht "normal", dass Kinder mit ihren Bezugspersonen loyal symphatisieren, egal, wie sie behandelt werden? Was wird dafür getan, damit die Täter ihr Verhalten ändern, während die kindlichen Opfer noch nicht fähig sind zu einer Aussage? Muss moralisches und juristisches Fehlverhalten aber nicht rigoros(er) verfolgt werden? Das sind Fragen, die ich mir persönlich stelle.

Ein weiteres Problem ist die Aussetzung der Vorratsspeicherung in Deutschland. In den USA gibt es eine Meldepflicht für verdächtige Inhalte bzgl. Kinderpornografie, siehe folgenden Welt-Artikel [28] von 05.06.2018, Autorin Sabine Menkens: BKA warnt. Und de facto stammen die meisten Hinweise auf Darstellungen von Kindespornografie aus den USA.

Hier ein Zitat dazu aus dem Jahre 2018 aus dem besagten Artikel [28]:

...Beginn Zitat aus [28]...
"Davon [den Hinweisen, Anm.v.mir] hätten aber 55 Prozent nicht weiterverfolgt werden können, weil aufgrund der ausgesetzten Vorratsdatenspeicherung keine IP-Adressen ermittelt werden konnten – ein Zustand, der für den BKA-Chef nur „schwer erträglich“ ist: "Wir brauchen das Handwerkszeug für die Strafverfolgung." ...Zitat Ende...

Update:
Das Thema "Vorratsdatenspeicherung in Deutschland" bekam am 06.10.2020 neuen Aufschwung. Am besagten Tag entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass eine pauschale Vorratsdatenspeicherung verboten bleibt. Für jedoch konkrete Ausnahmen wie Gefährdung der nationalen Sicherheit oder bei der Verdacht einer schweren Straftat (z.B. Verbreitung von Kinderpornographie) ist es erlaubt worden. Durch das neue EU-Urteil wird der Druck auf nationaler Ebene erhöht. So müsste das Thema auch in Deutschland neu diskutiert werden. Aktuell muss das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entscheiden, wie eine deutsche Regelung dazu aussehen könnte, Quellen: Tagesschau-Artikel [103] vom 06.10.2020, Autor: Bernd Wolf, ARD-Rechtsredaktion, "EU-Urteil zur Vorratsdatenspeicherung" und Ito-Artikel [104] vom 06.10.2020, Autor: Dr. Markus Sehl, "Vorratsdatenspeicherung bzgl. Terrorismus oder Kinderpornographie.

Man kann sicherlich vorsichtig formulieren, dass bei all diesen Themen eine Überarbeitung der Rechtslage dringend diskutiert werden muss, um den von Missbrauch betroffenen Kindern und Jugendlichen schnellere und fundiertere Hilfe anzubieten. Für die Politik gilt es, meiner Meinung nach, dringend neue Lösungen zu finden.

In diesem Punkt greife ich den Punkt auf, den Psychologin Michaela Huber in ihrem Buch [26] "Der Feind im Innern: Psychotherapie mit Täterintrojekten" anspricht. Sollen wir das alles akzeptieren? Warum üben wir nicht (mehr?) Druck aus und fragen vor Wahlen oder ganzjährig in politischen Sprechstunden die regierenden Politiker, was sie gedenken in dem Bereich "Kinder- und Jugendschutz" zu tun? Denn die Not der Kinder ist groß.

Die WHO spricht von 18 Millionen von Kindern in der EU, die Hinweise auf Misshandlung aufweisen, siehe [57]: WHO-Report von 2013. Dort wird darauf hingewiesen, dass Kindesmisshandlung zu gravierenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Schäden führt, genauer gesagt zu Schäden von 10 Milliarden Euro. Kindesmisshandlung kann die Ursache für 25% aller Krankschreibungen sein.

Zu dieser Annahme kommt auch das Zwischenergebnis der Kommission zur Aufarbeitung von sexuellem Kindesmissbrauch im n-tv-Artikel [28] vom 04.06.2017, Autor Solveig Bach: Kommission erschüttert über das Ausmaß. Das Ergebnis von 2017 besagt, dass die kindlichen Opfer als Erwachsene oft arm sind. Die erlittenen Wunden können zu erheblichen Einschränkungen im Erwerbsleben führen.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Strafmaß für sexuellen Kindesmissbrauch bzw. für Besitz von Kinderpornografie. Laut Kriminalstatistik nehmen die Fälle immer mehr zu. Der Chef der Deutschen Kinderhilfe kritisiert die Politik bzw. den Gesetzgeber. Er findest es völlig unverständlich, dass der sexuelle Missbrauch von Kindern, sofern keine Penetration stattfindet, heute noch nicht als Straftatbestand gezählt wird. Diese Taten, wo es "nur" um das Anfassen von Kindern geht, gelten derzeit juristisch nicht als Verbrechen, sondern lediglich als Vergehen. Die Mindeststrafe liegt dafür bei 6 Monaten.

Leider ist auch ein Anstieg von Besitz und Verbreitung von Kinderpornografie zu verzeichnen. Auch hier wäre es angebracht, das Strafmaß von derzeit 3 Jahre auf 5 Jahre anzuheben. Für die gewerbsmäßige Verbreitung von Kinderpornografie fordert der Chef der Deutschen Kinderhilfe Rainer Becker eine Erhöhung des Strafmaßes von derzeit 5 Jahre auf 10 Jahre, siehe ndr-Artikel [75] vom 13.01.2020, Autor unbekannt: "Höhere Strafen für sexuellen Kindesmissbrauch und Kinderpornografie gefordert."

Für die o.a. Forderungen hatten sich auch Innenminister Horst Seehofer (CDU) und Amtskollegen ausgesprochen (Infostand: 01.11.2019). Zum Beispiel: Der NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) unterstützt die Forderung (Infostand: 5.12.2019). Er sagte in einem Interview, dass Täter endlich wissen sollten, dass solch eine Tat "kein Kavaliersdelikt" sei, zumal Kinder um "ihre Kindheit betrogen würden", siehe Tagesschau-Artikel [76] von 05.12.2019, Autor unbekannt, aber mit Information von Janina Lückoff, ARD-Hauptstadtstudio: "Reul für härtere Strafen bei Kindesmissbrauch".

Das Bundesjustizministerium (Christine Lambrecht, SPD), hat allerdings abgelehnt, das Strafmaß zu erhöhen (Stand: 11/2019). Es stellte sich damit überraschenderweise gegen die Forderungen von Bund und Länder und Hilfsorganisationen. Die Begründung: Das derzeitige Strafmaß sei angemessen, werde nur häufig von den Gerichten noch nicht völlig ausgeschöpft, Quelle: mdr AKTUELL-Artikel [77] vom 01.11.2019, Autor Alexander Laboda: "Keine höheren Straßen für Kindesmissbrauch und Kinderpornografie".

Die fehlende Umsetzung der neuen Strafverschärfung kommentierte der Vorstandvorsitzende der Deutschen Kinderhilfe Rainer Becker mit folgenden Worten wörtlich:

...Zitat aus Artikel [77]...
"Was den Kinderschutz angeht, bin ich bislang schwer enttäuscht von unserer Bundesjustizministerin." ...Zitat Ende [77]...

Ich persönlich stelle mir auch hier ernsthaft – wie oben schon geschrieben – die Frage, ob wir als Bürger diesem Umstand akzeptieren sollen und ob es nicht die Aufgabe eines jeden Einzelnen ist, auf politischer Ebene mehr Druck zu machen.

Aktueller Stand zum Thema Strafverschärfung von Kindesmissbrauch und Kinderpornografie:
Der Stand vom 11. Juni 2020 ist, dass die Bundesjustizministerin Christine Lambrecht nun doch die Strafen für sexuellen Kindesmissbrauch und für die Erstellung und Verbreitung von Kinderpornografie erhöhen möchte. Auch sollen soziale Netzwerke nun verpflichtet werden Kinderpornografie nicht nur wie bisher zu löschen, sondern dem Bundeskriminalamt zu melden, Quelle: Tagesschau-Artikel [95] vom 11.06.2020, Autor: unbekannt: "Lambrecht nun doch für härtere Strafen." Vorausgegangen für diesen Sinnenwandel der Bundesjustizministerin war die Bekanntgabe des skandalösen, umfangreichen schweren Kindesmissbrauchsfalls von Münster in einer Gartenlaube in gepflegter Kleingartenanlage. Dort wurde der umfangreiche, schwere Kindesmissbrauch an mindestens 3 Jungen gefilmt, umfänglich gespeichert und im Internet verbreitet, Quelle: Süddeutsche-Artikel [96] vom 07.06.2020, Autorinnen: Jana Stegemann, Kerstin Lottritz: Kindesmissbrauch in Gartenlaube.

Am 01. Juli 2020 stellte die Bundesjustizministerin ihre neuen Pläne vor:
Der Besitz und die Verbreitung von Kinderpornografie sowie sexualisierte Gewalt wird als Verbrechen eingestuft.
Vorteil: Verfahren können so nicht mehr eingestellt werden.

Die Neuerungen im Detail sind folgende:
entnommen aus den Quellen: Tagesschau-Artikel [97] vom 01.07.2020, Autor unbekannt: "Kinderpornos sollen Verbrechen werden" sowie news.de-Artikel [98] vom 01.07.2020, Autor: unbekannt: Sexueller Missbrauch von Kindern: Schluss mit Kuschel-Gesetzen!

Am 21. Oktober 2020 bewilligte das Kabinett den neuen Gesetzesentwurf von der Bundesjustizministerin Christiane Lambrech (SPD). Quelle: Tagesschau-Artikel [105] vom 21.10.2020, Autor unbekannt: "Gesetz gegen sexualisierte Gewalt auf dem Weg." Einige interessante Erneuerungen, die im Entwurf vorhanden waren, wurden leider fallengelassen und anderen kamen hinzu. Die Erneuerungen sind nun folgende:

Folgende Kritik wurde dazu geäußert:

  1. Das Betreiben eines Forums zur Verbreitung von Kinderpornographie soll mit nur einem Jahr Freiheitsstrafe belangt werden. Der bayrische Justizminister forderte mindestens 3 Jahre Freiheitsstrafe.
  2. Die größte Kritik kam vom Deutschen Kinderschutzbund. Die neuen Gesetze seien ihrer Meinung nach nur reine Symbolpolitik, wenn nicht dringend das Personal in Justiz und Polizei aufgestockt wird. Denn die riesen Datenmengen können jetzt schon nicht bearbeitet werden!

Verwendete Quellen: [23], [24], [25], [26], [27], [28], [57], [75-77], [95-98], [103], [104], [105]

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Diese Frage halte ich für sehr wichtig. Ich versuche mich an diese hochbrisante, komplexe und stets aktuelle Thematik heranzuwagen, indem ich es aus verschiedenen Blickwinkeln kurz anreiße.

Die Frage, die sich aber immer früher oder später stellt: Ist das Böse angeboren oder erworben? Wie verhält es sich mit dem Guten?

Dazu hat die Psychologie-Professorin Karen Wynn 10 Monate alte Babys mit einem Puppen-Experiment getestet: Man zeigte ihnen 3 Puppen: eine, die Hilfe braucht, eine, die ihr hilft und eine, die alles verhindern will. Das Erstaunliche: Auf Aufforderung wählen fast alle Kinder die Helferpuppe aus und nicht die böse, also die Verhindererpuppe, Quelle: Welt-Artikel [56] vom 28.03.2008, von Sylke Tempel: Werden wir bereits böse geboren? Erstaunlicherweise konnte man dieses Verhalten auch schon bei 3 Monate alten Babys feststellen. Die Forscher gehen davon aus, dass dieses Verhalten schon von Anfang an vorhanden war und nicht erst erworben wurde. Es ist aber noch unklar, ob ihr Verhalten moralisch ist oder ob die hilflosen Babys "nur" ihr Überleben sichern wollen. Sie brauchen nämlich ein sicheres Umfeld, was sie versorgt.

Bezüglich des Aspektes, dass fast alle Babys sozial sind, stellt sich die Frage, wie und warum sich Soziopathen entwickeln, also Menschen ohne soziales Verhalten, dazu ein Zitat von Prof. Wynn aus [56]:

...Beginn Zitat...
"Im Fall von Soziopathen können wir aber gewiss behaupten, dass diese Fähigkeit geradezu zerstört wurde – wahrscheinlich in einer Mischung aus genetischen Komponenten und ungewöhnlichen Umständen in ihrer Biografie, die es ihnen nicht erlaubt haben, soziale Bindungen aufzubauen. Sie wissen zwar, was ihre Umwelt unter „Gut“ und „Böse“ versteht, sind aber völlig unsensibel für das Leiden anderer Menschen – oder genießen es, anderen Schmerzen zuzufügen." ...Zitat Ende [56]...

Also, kann man daraus indirekt schlussfolgern, dass in Kindern durch negative Erfahrungen etwas Soziales, etwas sehr Wichtiges zerstört wird.

Um sich mit diesem Thema der (Aus-)Wirkung der Gewalt zu beschäftigen, ist es essentiell, sich damit auseinanderzusetzen, was eine Täteridentifikation (Täterintrojekt) ist, und wie es entsteht. Die Wissenschaft ist sich nahezu einig, dass in den allermeisten Fällen die, die Gewalt selbst ausüben, sie selbst erlebt haben.

Ein weiteres Experiment zum Thema Moral und abnormalen Handeln von Menschen war das Milgram-Experiment von 1961. Stanley Milgram wollte in den USA (Connecticut) eine Erklärung finden für den Gehorsam in Nazideutschland. [48] Jenes Experiment wurde in dem Film "Das Experiment" (2001) verfilmt. Der Verlauf des Experiments schockte die ganze Welt. Die Testpersonen wurden als "Wärter" eingesetzt. Ihre "Gefangenen" waren jedoch Schauspieler, was diese Testpersonen nicht wussten und die dann gegen die "Wärter" rebellierten. Diese "Wärter" wurden von Autoritätspersonen angewiesen, darauf mit Folter ähnlichen Methoden zu antworten. Alles eskalierte, so dass das Experiment nach 6 Tagen anstatt von 14 Tagen abgebrochen werden musste. Das Erschreckende war: Normale Männer, Studenten, waren fähig, andere Versuchspersonen, die eigentlich Schauspieler waren, mit "Elektroschocks" zu quälen. Trotz Schreie der Gequälten oder gar Ohnmachtsanfällen weigerte sich nur eine Versuchsperson, mit dem Quälen weiterzumachen. [48] Ein großer Faktor der Eskalation war jedoch auch ein Gruppendruck. [26]

Später wurde das Experiment in weiteren Ländern dieser Welt wiederholt, auch Deutschland - und es kam immer zu denselben Ergebnissen. [48]

Das Experiment zeigt: Gewalt kann sich aber nur dann weiter durchsetzen, wenn die Menschen nicht ausreichend Mitgefühl in der Kindheit gelernt bzw. verinnerlicht haben. Oder anders gesagt: Wird Gewalt zusätzlich durch immer blutigerere, gewalttätigere Krimis und Videospiele gefördert, kann sie nicht auf fruchtbaren Boden fallen, wenn wir sicher im Mitgefühl verwurzelt sind. [26]

Zurück zu den misshandelten Kindern: Denn Kinder, die regelmäßig misshandelt oder mit andauernder grausamer Lieblosigkeit gestraft wurden, haben sich einen Teil angeeignet, als sie sich mit dem Täter verschmolzen mussten. Etwas Fremdes, Zerstörerisches ist Teil in ihnen entstanden und führt ein unbewusstes Eigenleben. [48]

Um es noch klarer zu sagen: Durch frühe Gewalt sind die betroffenen Kinder aus Hilflosigkeit gezwungen wie die Täter zu denken, zu fühlen und im noch schlimmeren Fall sie zu imitieren, indem sie als Kinder oder Jugendliche die erlittenen Misshandlungen an jüngere Kinder oder Geschwister und auch als Erwachsene an (eigene) Kinder oder Partner weitergeben. [26]

Dazu schreibt der Psychoanalytiker Dr. Arno Grün in [48], dass diese Übernahme des "Fremden in das eigene Selbst", die Quelle all des Bösen ist, v.a. in unserem Kulturkreis, wo wir (meist) so erzogen wurden: mit Härte, Strafen, mit Willen brechen, nicht nur heute, sondern v.a. auch ganz besonders die früheren Generationen.

Zum Beispiel: Erziehung war danach ausgerichtet, den Willen des Säuglings zu brechen. Dieses Härte wird dann immer wieder in die nächste Generation weitergegeben. Die NS-Ärztin Dr. J. Haarer veröffentlichte das Buch "Die deutsche Mutter und ihr Kind" (1941). Das besagte NS-Buch wurde bis in die 1980er Jahre weitervertrieben, zwar entnarzifiziert, aber die Erläuterungen über Bindung und Erziehung blieben erhalten. [50] Das Buch liefert alle Grundlagen, um das "Fremde im Eigenen" heranzuzüchten, also eine Täterübertragung. In dem Werk geht es zusammengefasst um folgendes:

Babys und Kleinkinder sind "unsauber, unrein, schmuddelig", wollen tyrannisieren, sich widersetzen, schreien zum Zeitvertreib oder um etwas zu erzwingen. Sie folgen nur ihrem "Lustprinzip". Es herrsche ein Kampf zwischen Mutter und Kind. Das Kind muss beherrscht werden und wenn es nicht anders geht, "kaltgestellt" werden, indem man es in einem Raum bringt, bis es sich "ausschreit" und zur Vernunft kommt, d.h. sein Verhalten ändert. Aber es ändert nicht wirklich sein Verhalten und wird auch nicht ruhiger, sondern durch den Mangel an Zuwendung und Reizen resigniert es. Es hat sozusagen innerlich aufgeben und vegetiert nur noch. Das alles geschieht - natürlich - aus Liebe und nur zum Wohle des Kindes, so diese Doktrin. Dieser "Kampf" zwischen Kind und Mutter muss durch die Dominanz und Beharrlichkeit der Mutter (auf)gelöst werden. Aber die Kette der Weitergabe hat kein Ende: Die Mütter übernehmen den Willen ihrer Männer (das erlittene Fremde in ihnen) und geben zusätzlich das zu ihrem eigenen Erlittenen noch an das Kind weiter und ihre Kinder später wohlmöglich noch an ihre eigenen Kinder.

In diesem Zusammenhang nennt Dr. Arno Grün in [48] das Zitat Hitlers aus dem Jahre 1934 in einer Rede vor der NS-Frauenschaft:

...Beginn Zitat, Seite 20...
"Jedes Kind ist eine Schlacht." [49] ...Zitat Ende [48]...

Das Problem des Ganzen ist: Man durchschaut das leidhafte Muster nicht. Jeder gibt das weiter, was er erfahren hat. (Fast) niemanden ist das eigene Opfersein in der Kindheit bewusst. Man verleugnet, also seine eigene schmerzhafte Erfahrung, sein Opfersein. [48]

Und die Dimension des Ganzen ist enorm: Der Dr. Grün schreibt dazu wörtlich in [48], Seite 34:

...Beginn Zitat...
"Wir müssen davon ausgehen, dass jeder, der in unserer Kultur aufgewachsen ist, die Entfremdung des Eigenen zu einem gewissen Grad erlebt hat."...Zitat Ende [48]...

All das erlebte Grauen, auch erlebter sexueller Missbrauch, systematisches Strafen sowie alle verbalen sonstigen Demütigungen, körperliche Gewalt, Vernachlässigung sind abgespalten in dem Betreffenden, aber es agiert weiter im Verborgenen. Oft richten viele Gewaltüberlebende es gegen sich, aber auch oft gegen Andere.

Psychologin Sandra Konrad schreibt dazu wörtlich in "Das bleibt in der Familie" [39]:

...Beginn Zitat, Seite 85...
"Aus einem kindlichen Opfer wird somit ein erwachsener Täter, aus einem gequälten Kind ein quälender Erwachsener". ...Zitat Ende [39]...

Der im Opfer gespeicherte Täteraspekt führt dazu, dass diese misshandelten Kinder ihren inneren Schmerz an sich selbst auslassen, gegen sich zynisch und abfällig werden oder sie leiden an Zwangsgedanken und möchten schwächeren Lebewesen weh tun. [26]

Dr. Arno Grün [48] beschreibt es in etwa so: Dadurch, dass das Kind sich gegen die Härte der Eltern nicht wehren kann, muss es seine eigenen Gefühle und Wahrnehmungen aufgeben und übernimmt im unfreiwilligen Gehorsam unweigerlich die Sichtweise der Unterdrücker (Eltern), das Fremde. Dass das Eigene unterdrückt wird, führt aber zu Hass und Aggressionen, die das gequälte Kind dann aber nicht gegen die Unterdrücker wenden darf. Die "Basis für das Tätersein" ist geboren. Voraussetzung für diese Entwicklung, das Erlebte weiterzugeben, ist dass das eigene Opfersein weiterhin verleugnet wird.

Psychologin Sandra Konrad schreibt in [39], Seite 179 wörtlich:

...Beginn Zitat [39]...
"In der Rolle des Täters werden die alten Gefühle von Ohnmacht und Schwäche ins Gegenteil umgekehrt, und es findet eine fatale Verschmelzung mit den mächtigen Eltern statt. Leidtragende dieser unbewussten Dynamik ist erneut die nächste Generation, die unschuldig in die nicht verarbeiteten seelischen Verletzungen ihrer Vorfahren hineingezogen wird und für sie büßen muss." ...Zitat Ende [39]...

Dr. Arno Grün [48] sagt, wenn wir jemand anderes beherrschen und heruntermachen, lässt es uns frei fühlen. Wir haben uns so von der Last des eigenen Opferseins befreit. [48]

Ich möchte hier betonen, dass ich damit nicht (immer) die Weitergabe des sexuellen Missbrauchs meinte, sondern die Lieblosigkeit, die Härte, die Vernachlässigung, die harten Erziehungsstrafen, die darauf auszielen, den Willen zu brechen usw., ausgelebt in der Kindererziehung, aber auch in der Partnerschaft. Diesen Kreislauf kann man nur durchbrechen mittels Biografiearbeit.

Das heißt mit anderen Worten: Die Gefahr der Wiederholung ist hoch, die erlittenen Traumatisierungen durch die eigenen Eltern an eigenen Kinder weiterzugeben, wenn diese Erfahrungen nicht sich bewusst und wenigstens ansatzweise verarbeitet werden. [39]

Durch Härte und Lieblosigkeit in der Erziehung war es, laut Dr. Arno Grün [48], so einfach, Hitler zu folgen und den Hass auf Juden zu entwickeln, zu schüren und auszuführen, das heißt Abneigung gegen Andere zu entwickeln und Kleinigkeiten, die einen vom anderen unterscheiden, paradoxerweise so vehement zu bekämpfen. Dr. Grün schreibt dazu, dass der Gestapo-Schlächter Klaus Barbie in einem Interview (1983) offenbarte, als er den französischen Widerstandskämpfer Jean Moulin zu Tode folterte, hatte er währenddessen das Gefühl, dass alles, was er ihm antat, eigentlich sich selbst antat.

Die Täter befrei(t)en sich so von ihrem alten Beschmutzt- und Opfersein und dem erworbenen Minderwertigkeitsgefühl. Die Ursache des Rassismus in der Welt sieht der Autor in diesem erworbenen Phänomen, des unfreiwilligen Aufgebens des eigenen Selbst, um das (bösartige) Fremde aufzunehmen, entstanden durch Härte der Erziehung und daraus folgender emotionaler Einsamkeit. Aber auch die Zunahme des Rassismus in unsicheren Krisenzeiten (wirtschaftlichen Instabilität, Jobverlust) ordnet er diesem Phänomen zu. Der allgemeine Kontrollverlust im Leben reaktiviert die alte, kindliche Hilflosigkeit, das Ausgeliefertsein. Diese hochkommenden Gefühle müssen abgewehrt werden. Rassismus passt da "hervorragend" als Strategie. Man bestraft und hasst "den Fremden für das, wofür man einst selbst bestraft wurde", Worte entnommen aus [48], Seite 33.

Die Psychologin Stefanie Stahl schreibt beispielsweise in [1], dass das Schattenkind (=der Seelenanteil, der die Summe aller negativen Erfahrungen in der Kindheit verkörpert) einer Klientin, es manchmal genießt, "Macht auszuüben, in dem es, den Beziehungspartner grundlos mit ätzenden Bemerkungen verletzt."...Teile entnommen aus [1], Seite 107... Dieses plötzliche bösartige Verhalten war der jungen Frau völlig unerklärlich, und sie litt darunter. Später in der Therapie stellte sich heraus, dass ihr Verhalten eigentlich eine Strategie war, die alte erlittene Ohnmacht erlitten durch ihren Vater (an ihrem Partner) zu rächen.

Wenn man schon einem erwachsenen Partner gegenüber, den man liebt, plötzlich negative, verletzten Impulse nicht mehr kontrollieren kann, wie ist es den noch schwächeren Kindern gegenüber?

Psychologin Sandra Konrad schreibt bzgl. der transgenerationalen Weitergabe in [39] wörtlich:

...Beginn Zitat [39], Seite 47...
"Eltern, die ihr Kind über einen längeren Zeitraum emotional nicht ausreichend versorgen können, sind entweder psychisch krank oder selbst als Kind nicht ausreichend versorgen worden. ...Zitat Ende [39]...

Die Traumatherapeutin Michaela Huber formuliert es in [26] wörtlich so:

...Beginn Zitat, Seite 76...
"Der transgenerationale Effekt heißt natürlich: Mütter, die selbst so geschädigt sind, können schlecht ein gedeihliches Klima für ihre eigenen Kinder schaffen." ...Zitat Ende [26]...

Diese Autorin sagt in [26] auch - ganz einfach - gesagt: Vom Opfer zum Täter ist es nur ein ganz kleiner Schritt, sowie, dass misshandelte Jungen häufiger zu Täter werden als Mädchen. Diese rutschen eher in die Spirale der weiteren Gewalt, d.h. sie werden wiederholt zum Opfer.

Verwendete Quellen: [1], [26], [39], [48], [50], [56]

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Viele Frauen schlagen ihre Männer (ein Tabuthema) und ca. 2/3 der körperlich misshandelten Frauen schlagen ihre Kinder und geben die erlittenen Demütigungen weiter. [26]

...Zitat Beginn, Seite 89 aus [26]...

"Etwa ein Drittel bis die Hälfte aller erwachsenen Sexualstraftäter (zu 90% sind das Männer) geben auf Befragung zu, dass sie als schon als Kinder "sexuell auffällig" waren." [52] ...Zitat Ende aus [26]...

Viele Jungen, die früh sexuell missbraucht werden, sind sexuell auffällig. Von ihnen werden ca. 33 % bis knapp 50% selbst zum Täter. Aber die Tatsache gilt auch umgekehrt: Mehr als 66 %, die vor dem 12. Lebensjahr sexuell auffällig wurden, sind sexuell missbraucht worden. [26]

Die Lage hat sich sogar noch verschlimmert: Laut einer internationalen Studie (2003) ist die Zahl von Jugendlichen, die zum Sexualstraftäter werden im Vergleich zu den 1990er Jahren dramatisch nach oben gestiegen. [53]

Sexuell missbrauchte Frauen missbrauchen auch oft sexuell ihre Kinder. [26]

Dass selbst erlebte Gewalt häufige Ursachen für die eigene Täterschaft ist, belegte die 2007 erschienene deutschsprachige Arbeit einer zusammenfassenden Studie über Gewalt von Ingrid-Wolff-Dietz [51]: Dort heißt es ca. 33-50% der erwachsenen Sexualstraftäter gaben einer Recherche zufolge an, schon in der Jugend sexuell auffällig gewesen zu sein. [26]

Erstaunlich ist der Befund, dass Jungen, die von Müttern sexuell missbraucht wurden, häufiger zum Täter werden, als solche, die von männlichen Tätern missbraucht wurden. [55] aus [26]

99% der Gewalttäter werden irgendwann wieder aus dem Gefängnis entlassen. [26]
Aber Tätertherapie ist häufig nur danach ausgerichtet, kurzfristige Veränderungen des Verhaltens zu erzielen (z.B. Anti-Aggressionstraining). Aber die frühkindlichen Traumatisierungen dieser Täter, die die Grundlage legten für das Ausüben ihrer eigenen Gewaltverbrechen, werden nicht therapeutisch behandelt. So bleibt die Tendenz zur Wiederholung der Straftaten bestehen, so ein Ergebnis der Studie für die Profiler in der Kriminalpsychologie. [54] aus [26].

Ein erschütterndes Zitat von Thomas Röhl, einem Mitarbeiter einer hessischen Jugendhilfe-Einrichtung zum Thema (sexuelle) Gewaltkarriere ausgebeuteter Jungen, entnommen aus dem Buch [26], Seite 103:

...Beginn Zitat...
"Wenn einer Gewalt ausgeübt hat, weiß er, wie's geht. Er kann es machen, hat erlebt, dass sexuelle Gewalt für einen Moment Druck abbaut. Er kann nicht sagen: 'Das werde ich nie wieder machen.' Wir können nur etwas dafür tun, dass das Rückfallrisiko geringer wird..." ...Zitat Ende [26]...

Verwendete Quellen: [1], [26], [39], [48], [50-54], [56]

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Durch das junge Fachgebiet der Psychoneuroimmunologie weiß man heute, dass die Psyche und der (Dauer-)Stress das Immunsystem erheblich schwächen.

Als die Geburtsstunde des Fachgebietes der Psychoneuroimmunologie gilt Aders Versuchsreihe. Der US-Psychologe Robert Ader fand 1974 heraus, dass Mäuse sogar an einer harmlosen Zuckerlösung sterben können, wenn die Mäuse vorher konditioniert wurden, auf die Zuckerlösung mit einer Immunsuppression (Immunschwächung) zu reagieren. Den Mäusen gab man vorher zusammen mit einem Süßungsmittel eine gleichzeitige Injektion von Cyclophospamid (Chemotherapeutikum - Zytostatikum). Gab man dann die Zuckerlösung und infizierte die Mäuse gleichzeitig mit einem leichten Infekt, starben die Mäuse, wenn sie nur den Geschmack der Süße schmeckten. Das zeigte den Zusammenhang von Gehirn und Immumsystem und widersprach völlig der damaligen Lehrmeinung. Quelle: Artikel [114] aus pharmazeutische Zeitung vom 22.12.2019, Autorin: Clara Wildenrath: Psychoneuroimmunologie - Emotionen steuern das Immunsystem.

Das Immunsystem spielt zum Erhalt der Gesundheit, so die Erkenntnis - eine größere Rolle als gute Ernährung, Sport und Schlaf. Allmählich setzte ein Umdenken ein: Noch vor 40 Jahren glaubte man, dass das Autoimmunsystem unabhängig arbeitet. Aber - wie sich herausstelle - ist das ein Irrtum: Das Immunsystem arbeitet eng zusammen mit Gehirn und Psyche. Negative Gefühle lassen biochemische Reaktionen in Gang setzen. In Studien konnte man erkennen, dass sobald Versuchspersonen emotional belastet waren, stiegen die Entzündungsmarker (z.B. im Urin) an. Diese Wechselwirkung von Stress auf das Immunsystem gilt nicht nur für körperlichen Stress (z.B. Krankheitskeime, Sonnenbrand, Beinbruch usw.), sondern auch für psychischen Stress (z.B. Wut auf den Partner, Jobverlustangst, Prüfungsangst). [78]

Die Psychoneuroimmunologie unterscheidet, ob Stress für kurze Zeit oder langfristig auftritt. Akuter Stress mobilisiert Kräfte und Hormone zur Bewältigung der (überlebens-)wichtigen Situation, lässt dabei Blutdruck steigen, das Herz schneller schlagen. Der chronische Stress verhindert aber, dass sich der Organismus davon erholen kann. Schlaflosigkeit und Depression lassen das Immunsystem des eh schon Gestressten weiter aus dem Lot geraten. [78]

Mittlerweile sind in der Medizin 70 bis 80 Autoimmunerkrankungen bekannt, wie Z.B. Rheuma, Lupus, Morbus Crohn. Heilen kann man sie nicht, nur mit Medikamenten in Schach halten. Was sie genau auslöst oder was die Ursache ist, unbekannt. Jedoch weiß man, dass eine zelluläre Fehlregulation des Immunsystems daran beteiligt ist. Die Hypothese der Psychoneuroimmunologie ist, dass chronischer Stress zu einem schlechten Immunschutz führt, denn die Aktivität der wichtigen Killerzellen verringert sich. In Einzelstudien fand man heraus, dass unterdrückter Zorn und Autoimmunerkrankungen in Verbindungen stehen könnten. Der nicht ausgelebte Zorn wird dann offenbar gegen sich selbst gerichtet. [78]

Durch Beobachtungen der Forscher der Psychoneuroimmunologie weißt man, dass der Körper über lange Zeit Stress kompensieren kann. Dann - bei weiter andauerndem Stress - kommt es schließlich zum Zusammenbruch ("Crash im Stresssystem"). An diesem Punkt beginnen Erkrankungen. [78]

Auch sind Immunzellen funktional mit Nervenzellen verbunden. Beide können auf nicht-stoffliche Einflussfaktoren wie die Psyche reagieren. Dann sind auch oft Hormone beteiligt. Der Übergang zwischen der Psychoneuroimmunologie und der Psychoneuroendokrinologie sind fließend. [114]

Die Psyche beeinflusst aber auch positiv das Immunsystem. Positive vertrauensvolle Beziehungen und soziale Unterstützung stärken die Immunabwehr und sind verbunden mit niedrigen Entzündungswerten. [114]

Eine wichtige Erkenntnis der Forscher ist: Die Anlage für chronischen Stress und den folgenden stillen Entzündungen im Körper entsteht durch lang andauernde Belastungen in Kind und Jugend. [78]

Die richtige Abhilfe ist, so der Arzt und Psychotherapeut Christian Schubert, die (psychosomatische) Psychotherapie oder das Erlernen von Entspannungstechniken: Das heißt, die Ursache des emotionalen Stresses angehen, damit die körperliche Selbstsabotage beendet werden kann, Quelle: Artikel [78] aus Planet Wissen von 07.01.2020 (TV-Video), Autorin: Angelika Wörthmüller: Psychoneuroimmunologie – Wie Gefühle den Körper krank machen können.

Verwendete Quelle: [78], [114]

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Zu diesem schockierenden Ergebnis kommt das US-Team um Idan Shalev von der Duke University in Durham (North Carolina). Sie untersuchten das Erbgut von 236 Kindern im Alter von 5 und 10 Jahren, die 1994/1995 in England geboren wurden. 42% von ihnen waren zumindest teilweise Gewalt ausgesetzt.

Das Ergebnis: Die Telomere, die Enden der 46 menschlichen Chromosomen, zeigten Defekte, d.h. sie waren verschlissen. Die Telomeren schützen vor chronischen Erkrankungen und Krebs, ähnlich wie die Plastikhüllen an Schnürsenkeln.

Bei Kindern, die mindestens zwei Arten von Gewalt ausgesetzt waren, waren sie deutlich stärker verkürzt als bei Kindern, die keine Gewalt erlebt hatten.

Wenn Kinder mehrere Arten von Gewalt erlitten, waren die Schäden an den Telomeren am gravierendsten, so die US-Forscher im Fachjournal „Molecular Psychiatry“. Die misshandelten und missbrauchten Kinder seien auch biologisch älter als ihr wahres Alter. Wichtig: Geschlecht, soziales Umfeld, Gewicht und Gesundheitsstatus der Kinder spielen keine Rolle.

Die US-Forscher schlussfolgern aus diesen Defekten, dass so die Basis für spätere gesundheitliche Probleme gelegt werden könnte. Und sie gehen noch weiter: Sie sagen, dass die beste Prävention für Alterskrankheiten (wie Diabetes, Herzleiden, Demenz) sei, Kinder vor Gewalt zu schützen.

Die Kinder dieser Studie sind mittlerweile volljährig geworden. Man wolle nun die langfristigen Effekte untersuchen.

Die Telomere spielen eine große Rolle für die Gesundheit:

Werden sie durch Zellteilung immer kürzer, fallen sie irgendwann unter eine kritische Länge. Dann setzt die Zellalterung ein: Gewebe regeneriert sich nicht mehr gut.

Verkürzte Telomere sind ein Risikofaktor für: Tumore, chronische Erkrankungen wie Leberzirrhose, chronische Hepatitis, chronische Darmerkrankungen.

Menschen mit verkürzter Telomere sehen 3-4 Jahre älter aus als ihr biologisches Alter.

Man weiß schon: chronischer Stress verkürzt die Telomere, Sport erhält sie.

Schon eine im vergangenen Jahr (2011) erfolgte genetische Analyse des US-Forscherteam um Stacy Drury von der Tulane University in New Orleans fand in den Daten von 136 rumänischen, emotional vernachlässigten Waisen-Heimkindern einen Hinweis auf eine Verkürzung der Telomere. Das wurde im Fachjournal „Molecular Psychiatry“ veröffentlicht.

Quelle: n-tv-Artikel [107] von 29.04.2012, Autorin npa: Misshandelte Kinder: Gewalt schädigt Erbgut.

Verwendete Quelle: [107]

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In folgendem Text beziehe ich mich auf das Buch [2] "Angst und Angstkrankheiten", aus dem Jahre 2000, von Prof. Dr. Friedrich Strian, FA für Neurologie/Psychiatrie, wenn nicht durch eine andere Quelle markiert bzw. erweitert.

Die posttraumatische Belastungsstörung ist eine schwere Angstreaktion auf eine schwere äußere Bedrohung. Sie ist im Grunde keine pathologische Angst wie z.B. eine Phobie. Bei einer Phobie ist die Bedrohungseinschätzung (von einer Spinne z.B.) falsch oder übertrieben. Sondern beim PTBS-Erkrankten sind die Anpassungsmechanismen auf eine echte überwältigende Angst zusammengebrochen. Das heißt diese Traumaerkrankung ist aus einer echten Angst heraus entstanden.

Obwohl die äußere Angstbedrohung schon vorbei ist, klingt jedoch das Warnsignal der Angst bei Erkrankten an Traumafolgestörungen nicht ab. Es findet also keine Anpassung an die Situation "danach" statt. Im Gegenteil, die anfangs natürliche, angemessene Angst verselbständigt sich. Ja, sie eskaliert sogar zu dauerhafter Angst und Erregung.

Durch kollektive Tragödien wie der Holocaust, Weltkriege, Hiroshima und Vietnam entwickelte sich allmählich ein Verständnis, was Angst, Todesangst und Schmerz anrichten können. Die damals gewählten Krankheitsbegriffe, um die Beschwerden zu beschreiben, wurde nach dem jeweiligen Auslöser benannt, z.B. Kriegsneurose- Zittern, KZ-Syndrom, Vietnam-Syndrom, Entwurzelungsdepression. Erst langsam rückte ins Bewusstsein, dass auch nach allen individuellen Schicksalen, Gewaltschicksalen, diese psychischen Schäden entstehen können.

Sigmund Freud (1856-1939) dachte noch zu seiner Zeit (genauso wie seine Kollegen), dass psychische Störungen nach Extrembelastungen nur vorübergehend seien. Falls jemand doch Dauerschäden der Psyche zeige, dann sei das nur möglich bei einer sonst schon gestörten Persönlichkeit, oder er täusche sie sogar nur vor.

Im (frühen) 20. Jahrhundert nannte man jede Art von Folgeerscheinung nach Belastungsereignissen "Unfallneurose". Die Unfallneurose wurde sogar gleichgesetzt mit der sog. Begehrungs- und Rentenneurose. Letzteres heißt, ein Betroffener hat das bewusste oder unbewusste Bestreben nach einem Unfall/Ereignis aus dem Erwerbsleben auszusteigen oder hegt den Wunsch, dass die eigene Symptomatik weiterhin bestehen bleibt (Krankheitsnutzen). Oder mit anderen Worten: Die nachfolgende Arbeitsunfähigkeit nach einer Lebensbedrohung wird abgewertet als krankhafter Wunsch nach einer Berentung. [106] Diese Auffassung wurde sogar 1926 in der Reichsversicherungsordnung festgehalten. Die folgenschwere Konsequenz davon war, dass (erfolgreiche) Entschädigungsleistungen in der Nachkriegszeit genau an dieser Rechtsauffassung scheiterten.

Erst aus den Untersuchungen an Vietnam-Veteranen fand der Begriff Posttraumatische Belastungsstörung Einzug in das psychiatrische Diagnosemanual DSM-III.

Definition Flashback & Triggerung
Wird der Mensch mit einer PTBS an sein Trauma erinnert (durch eine Situation, einen Geruch, Ort, Bilder usw.), dann hat er einen Flashback. Und es reaktivieren sich die dazugehörigen Gefühle der traumatischen Erfahrung. Das nennt man Triggerung. [59]

Definition Trauma
Der Begriff "Trauma" leitet sich ab vom griechischen und bedeutet "Wunde". Somit ist per Definition ein Trauma eine körperliche Verwundung innerhalb eines seelischen Vorgangs. [106]

Verwendete Quellen: [2], [59], [106]

Die britische Psychotherapeutin Vivian Broughton definiert in ihrem Buch [59] "Zurück in mein Ich", 2014, ein Trauma durch folgende Schlüsselaspekte:

...Beginn Zitat, Seite 28-29...

  • Überwältigung - die Situation wird als vollkommen unkontrollierbar erlebt.
  • Hilflosigkeit - wir erfahren äußerste Ohnmacht.
  • Lebensbedrohung - wir müssen fürchten, die Situation möglicherweise nicht zu überleben; wir müssen Angst haben zu sterben.
  • Spaltung - da die Stressantworten, die wir zu Verfügung haben (fliehen oder kämpfen), die Situation für uns nicht auflösen, sondern sogar noch verschlimmern, spaltet unsere Psyche in einem letzten verzweifelten Versuch zu überleben die gesamte verheerrende Erfahrung ab und gibt im Extremfall den Bezug zum eigenen Ich gänzlich auf.

...Zitat Ende [59]...

Wenn eine Person bei einem Erlebnis alle vier Punkte erlebt hat, dann ist es ein Trauma.

Hier zu betonen sei noch, dass die Wahrnehmung einer Gefahr und die reale Lebensbedrohung bei (Klein-)Kindern und Jugendlichen viel schneller erreicht sind als bei Erwachsenen.

Vielleicht stellt sich jemand die Frage, wo der Unterschied zwischen "starkem Stress" und einem "Trauma" liegt? Die Antwort findet sich darin, dass bei einem echten Trauma die Ressourcen für die Stressbewältigung komplett versagen. Bei einer Stresserfahrung werden Massen von Hormonen ausgeschüttet (Herz rast, Unmengen von Energie wird frei). Deswegen kann ein Menschen Bärenkräfte entwickeln in solch einer bedrohlichen Situation. Je größer der Stress, um so stärker wird der Kampf- oder Fluchtinstinkt aktiviert. [59]

Allerdings kann kein Organismus solch einen Ausnahmezustand nicht lange aufrechterhalten. Das wäre lebensgefährlich z.B. für das Herz. Der Körper schützt sich dann davor, in dem er alles runterfährt. Das ist dann die sog. Schockstarre (med. tonische Immobilität).

Zu diesem heiklen Thema, mit dem Vergewaltigungsopfer immer konfrontiert werden ("Warum hast du dich nicht gewehrt?"), hier ein informativer vice-Artikel [69], vom 14.06.2017, Autor Rebecca Kamm: Vergewaltigungsopfer können sich nicht einfach wehren.

Je enger die Bindung ist, die das Opfer mit dem Täter hat, um so schlimmer, schockierender und verheerender sind die Folgen. Ebenso gilt das für traumatische Erfahrungen, wo der Täter voller böser Absicht gehandelt hat. Traumata durch Naturkatastrophen können auch eine PTBS auslösen, sind aber einfacher zu verarbeiten, als Traumata durch Menschenhand. Allerdings kann die Verarbeitung einer Naturkatastrophe sich jedoch auch schwieriger gestalten, wenn man schon durch andere Traumata, die man erleben musste, vorgeschädigt ist. [59]

Betroffene mit PTBS fühlen eine Entfremdung dem Leben gegenüber, so als ob man mit Menschen, die kein ähnliches Grauen erlebt haben, keine Brücke mehr aufbauen kann. [2]

Bei den Überlebenen der nationalsozialistischen Verbrechen in den KZs konnte man in Nachuntersuchungen beobachten, dass auch mehr als vier Jahrzehnte nach ihren erlittenen Gewalterfahrungen sich nichts an der Intensität der traumatischen Bilder geändert hatte, obwohl sich andere Symptome schon bessern konnten. [2]

Die Symptome einer PTBS sind laut den forschenden Traumatologen S. Boon, K. Steele & O. Van der Hart, in dem Fachbuch "Traumabedingte Dissoziation bewältigen", 2013 [44] folgende:

Wenn Sie möchten, hier noch eine Beschreibung der Posttraumatischen Belastungsstörung aus der Apotheken Umschau [63] vom 29.04.2014, Autor unbekannt, beratender Experte Professor Dr. med. Martin Sack: Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS).

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Alle o.a. Definitionen, die für einfache posttraumatische Belastungsstörung gelten - natürlich - auch für die komplexe PTBS. Allerdings stehen die "klassischen" PTBS-Symptome beim Komplextraumatisierten wegen einer fehlenden Selbstwahrnehmung und Dissoziationsneigung nicht im Vordergrund, [106] siehe unten. Jedoch ist die komplexe posttraumatische Belastungsstörung eine besonders schwere Form einer posttraumatischen Belastungsstörung. [43]

Sie ist weder angeboren, noch charakterbedingt. Sie entsteht, wenn über sehr lange Zeit sexueller Missbrauch, körperliche, emotionale Misshandlung und Vernachlässigung anhalten. Das heißt, es handelt sich nicht um ein isoliertes, einmaliges Ereignis. Die Nachwirkungen von einem isolierten, einzelnen Kindheitstrauma und der daraus entstandene Verlust von Sicherheit könnte durch Zuwendung wieder hergestellt werden, wenn danach liebevolle Bezugspersonen dauerhaft ansprechbar wären. Problematisch wird es, wenn diese Zustände von anhaltenden Traumatisierungen immer wieder stattfinden. Dann ist die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes stark beeinträchtigt. [43]

Diese Defizite in der Entwicklung fasst Prof. Dr. Andreas Maercker von der Universität Zürich in seinem Buch Trauma und Traumafolgestörungen [106], aus dem Jahr 2017, zusammen mit: nicht aufgebauten oder durch langandauernde Traumatisierungen im jungen Erwachsenenalter (z.B. Krieg, Flucht oder Verfolgung) verloren gegangenen sozial-emotionalen Kompetenzen.

Dazu gehören: Affektregulation, Beziehungsgestaltung und die Selbstwahrnehmung. Das bedeutet die fehlende Selbstwahrnehmung von körperlichen und seelischen Schmerzen. Das heißt - nach dem Modell der "Traumabezogenen strukturellen Dissoziation" - siehe auch Punkt Dissoziation nach Prof. Onno van der Hart) - dass die Integration aller Wahrnehmungen, Impulse und Reaktionen auf die Umwelt schon an sich eine psychische Leistung ist. Diese kann bei Komplextraumatisierten in unterschiedlichen Schweregraden beeinträchtigt sein. [106]

Die schlimmste Form ist, die der dissoziativen Persönlichkeitsstörung. Geringere Beeinträchtigungen der Selbstwahrnehmung beginnen mit dem Überhören von Körpersignalen. Diese Neigung zur Abspaltung (Dissoziation) ist typisch für komplextraumatisierte Patienten. [106]

Durch die fehlenden Kompetenzen in sozial-emotionalen Kompetenzen kann man Betroffene mit komplexer posttraumatischer Belastungsstörung auch als "inkompetente Erwachsene" bezeichnen oder aus der anderen Blickrichtung: als "beschädigte Kinder, die bisher noch nicht erwachsenen werden konnten", Quelle: Worte entnommen aus [106], Seite 64.

Der wichtigste Unterschied zwischen einfacher und komplexer posttraumatischer Belastungsstörung ist die Entstehung eines täterloyalen Anteils. Er wird - je nach Quelle - toxischer, innerer Kritiker oder auch Täteridentifikation- oder Introjekt genannt. [43]

Alle Menschen und Säugetiere unterliegen dem angeborenen Kampf-oder-Flucht-Instinkt. Wenn man über längere Zeit bei absoluter Hilflosigkeit einer Angst überflutenden Situation ausgeliefert ist, kann man nicht flüchten oder kämpfen. Es bildet sich als einziger Ausweg eine Täteridentifikation aus. Je nach Quelle wird das ein toxischer, innerer Kritiker oder auch Täteridentifikation- oder Introjekt genannt. Auf diesen Punkt gehe ich näher im nächsten Abschnitt ein.

Aufgrund dessen, dass keine Hilfe da ist, entwickelt sich beim betreffenden Kind, eine krankhafte Scham. Das ist ein Gefühl, minderwertig zu sein und nie zugenügen und einfach von Grund auf fehlerhaft zu sein. Das ist wirklich schlimm für das betroffene Kind und viel schlimmer als Schuldgefühle für etwas, was das Kind wirklich falsch gemacht hat. Dann könnte das Kind das nächste Mal etwas ändern, und alles ist gut. Wenn das Kind aber wiederholt misshandelt, missachtet, vernachlässigt oder gequält wird, sieht es keinen Auslöser mehr. Schlussendlich muss es zu der Erkenntnis kommen, dass das Problem in ihm selbst verwurzelt sein muss. Die krankhafte Scham ist "geboren". Die Scham entstand, weil man von wichtigen Bezugspersonen im Stich gelassen wurde. Es entsteht dadurch auch die Überzeugung, man verdiene es nicht, abhängig von jemanden zu sein. Die größte Folge dieser krankhaften Scham ist: die soziale Isolation. [38]

Für viele Traumatologen ist das Leitsymptom für eine komplexe posttraumatische Belastungsstörung die Bindungsstörung. Der US-Traumatherpeut Pete Walker sagt in seinem Buch [43], dass diese Bindungsstörung das Ergebnis einer Kindheit ist, indem das Kind unter einem Einfluss von Bezugspersonen stand, die regelmäßig als gefährlich erlebt wurden. Die Gefahr könne da z.B. der sexuelle Missbrauch, der abwertende Ton, die schlagende Hand, aber auch die andauernde Gleichgültigkeit und Distanziertheit dem Kind gegenüber gewesen sein. Man kann es dann so formulieren: Die Bezugspersonen haben ihre "Vorbild- und Helferfunktion" nicht ausreichend erfüllt" [27].

Viele Fachleute, die lange in der Forschung arbeiten, haben bemerkt, dass die Betroffenen, die wiederholt schwere Traumatisierungen durch Menschenhand erlitten haben, viel mehr Symptome und Probleme entwickelt haben, als die, die "nur" einmalig ein traumatisches Erlebnis zu verkraften hatten. Deshalb wurde von ihnen ein neue weiterführende diagnostische Kategorie einwickelt. Im Englischen lautet diese neue Diagnose: Disorders of Extreme Stress, Not otherwise Specified (DESNOS), siehe Forscher [45] und [46] aus Quelle [44]. Aktuell wird diese Diagnose leider weder im ICD noch im DSM aufgeführt. Zur Info: Das ICD ist die "Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten" und DSM ist englisch für „diagnostischer und statistischer Leitfaden psychischer Störungen".

In dem Fachartikel "Diagnostische und klinische Aspekte der komplexen posttraumatischen Belastungsstörung" [99], veröffentlicht im "Nervenarzt 5 - 2004", geschrieben von Dr. M. Sack heißt es, dass die DESNOS zumindest als zusätzliches Beschreibungsmerkmal einer PTBS in den Katolog aufgenommen wurde.

Update: Ab dem 01.01.2022 wird die komplexe posttraumatische Belastungsstörung in die aktuelle und neueste Version des ICD-11 als eigenständige Diagnose aufgenommen, siehe [110] Leitlinie der Deutschsprachigen Gesellschaft für Psychotraumatologie (DeGPT), veröffentlicht auf AWMF - Portal der wissenschaftlichen Medizin.

Ein weiterer wichtiger Unterschied zwischen einfacher und komplexer PTBS ist, dass die kindlichen Opfer von wiederholter Gewalt (als Kind sowie später als Erwachsene) viel massivere Probleme haben, ihre Flashbacks und ihre Gefühle, Impulse zu regulieren. [44]

Typische Symptome für eine komplexe Traumatisierung [44]:

Einige chronisch Traumatisierte sind im Alltag noch sehr funktionsfähig und haben anspruchsvolle Berufe. Sobald Fähigkeiten im Alltag gebraucht werden, die sie nie gelernt haben, sind sie überfordert ("auf einem sehr niedrigen mentalen Niveau"). Andere chronisch Traumatisierte sind auf fast allen oder allen Ebenen gehandicapt. Um eine Bewertung des Zustands eines (Schwer-)Traumatisierten zu machen, muss laut dem renommierten Prof. Onno van der Hart das Verhalten in folgenden Bereichen bewertet werden: Berufsleben, Beziehung, Alltagspflichten, Spiel, Schlaf, Wach- und Eßgewohnheiten sowie die Bewertung, welche potentiellen bedrohlichen Situationen mit welchen Verhaltensweisen kompensiert werden. [27]

Der Traumatherapeut Pete Walker [43] schreibt sogar, dass viele Betroffene mit komplexer posttraumatischer Belastungsstörung so stark traumatisiert sind, dass diese quasi die gesamte Zeit ohne Pause in einem Dauerflashback verweilen.

Vergleich: komplexe PTBS mit der Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS)
Quelle: Fachartikel [99] von Dr. Martin Sack, Abt. Psychosomatik und Psychotherapie, medizinische Hochschule Hannover, veröffentlicht im Springer-Verlag, online 5. Nov. 2004, sowie im "Nervenarzt 5 - 2004", Seite 451-459.
Aufgrund der vielfältigen Symptome der komplexen PTBS ist ein Vergleich mit der Borderline-Persönlichkeitsstörung angebracht. Die Symptomatiken überlappen sich zum Teil, unterscheiden sich aber auch. Nach Ansicht der Arbeitsgruppe van der Kolk [100] sind die Störungen der Affektregulation das Kernmerkmal der komplexen PTBS ("zuviel oder zu wenig fühlen"), bei der Borderline-Persönlichkeitsstörung sind es die Probleme der Beziehungsgestaltung, sprich: plötzliche Beziehungsabbrüche, Idealisierung.

Oder anders gesagt: Die Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) ist im Kern eine Störung der Bindungs- und Beziehungsstörung, die komplexe PTBS hingegen eine Störung der Selbstregulation und Selbstwahrnehmung. [101].

Ein weiterer Punkte der Unterscheidung ist: Bei der komplexen PTBS steht der "depressive Affekt" im Fokus, bei der BPS sind es häufige Stimmungswechsel (auch mit starker Ausprägung im euphorischen Bereich, z.B. in Form von Idealisierung), bei der komplexen PTBS sind es die chronischen dissoziativen Zustände, oft auch schweren Ausmaßes. Die dissoziativen Zustände sind bei der BPS jedoch eher nur vorübergehend wie bei akuten Belastungen. [99]

Die vielfältigen Symptome der komplexen PTBS erreichen allerdings ein beachtliches Ausmaß der Beeinträchtigung, das so viele Lebensbereiche umfasst, dass sie im Range einer Persönlichkeitsstörung stehen. [99]

Das aber-ich-bin-nicht-geschlagen-oder-sexuell-missbraucht-worden-Dilemma
Zum Schluss möchte ich noch einen wichtigen Punkt aus dem Buch [43], "Posttraumatische Belastungsstörung"- vom Überleben zum neuen Leben", 2019, ansprechen: Der Autor und Therapeut Pete Walker schreibt, dass es sehr wichtig ist zu verstehen, dass auch chronische emotionale Vernachlässigung und verbaler und emotionaler Missbrauch in der Kindheit, eine komplexe posttraumatische Belastungsstörung auslösen kann. Viele Erwachsene vergleichen sich mit anderen Überlebenden und sagen sich: "Meine Kindheit war nicht so schlimm. Ich bin ja schließlich nicht geschlagen worden oder gar sexuell missbraucht worden."

Seine therapeutische Erfahrung zeigt sogar, dass es Menschen gibt, die aktiv in der Familie enorm geschlagen wurden, aber keine komplexe posttraumatische Belastungsstörung entwickelt haben, wenn mindestens eine Bezugsperson sich regelmäßig um sie noch emotional gekümmert hat.

Wenn es keine weitere Hilfe durch einen alternativen Erwachsenen (Verwandte, ältere Geschwister, Nachbarn, Lehrer) gegeben hat, konnte dem Kind kein Schutz und Trost etc. vermittelt werden. Vor allem andauernde emotionale Vernachlässigung und sowie verbaler und emotionaler Missbrauch hat in den ersten 3 Lebensjahren die verheerendsten Folgen für die Psyche. [43]

Bekommt ein Kind nicht emotionale Zuwendung bzw. interessiert sich keiner für seine Gefühle, Gedanken, Wünsche, erzeugt das beim ihm eine mächtige innere Leere und Einsamkeit, Angst, Scham. Erlebt es stattdessen Gleichgültigkeit, unerbitterliche Kritik und die volle elterliche Wut, so nimmt es das Leben nur als furchterregenden Ort wahr und entwickelt kein Ich. Es bemerkt aber auch, sobald es um etwas Aufmerksamkeit bittet, wird es verachtet, ignoriert, gestraft. Daraus schließt es, sobald es differenzierter denken kann, "es muss an mir liegen". Und es lernt, es ist besser, zukünftig nicht mehr die Eltern um etwas bitten. Denn dann wird alles nur noch schlimmer. Aber es entsteht auch ein Perfektionismus: "Ich muss noch viel besser werden - in allem, dann wird vielleicht alles besser". Und es entsteht ein innerer Kritiker. Aber es lernt vor allem nicht, dass Bindungen zu anderen Menschen bereichernd und tröstend sein können, sondern dass Liebe bedrohlich ist. [43]

Der US-Traumatherapeut schreibt in [43] über sich, dass er manchmal am meisten mit den Klienten mitfühlt, die "nur" Vernachlässigung erlebt haben. Denn ihnen fällt es offenbar am schwersten anzuerkennen, dass andauernder emotionaler und verbaler Missbrauch so große Schäden anrichtet. Sie stecken fest in dem Abwehrmechanismus der kompletten Verharmlosung des eigenen Kindheitstraumas. Viele lernen sogar nie anzuerkennen, dass ihr aktuelles Leiden auf den verbalen und emotionalen Missbauch oder emotionale Vernachlässigung zurückzuführen ist, weil sie glauben "anderen erging es doch viel viel schlechter."

Verwendete Quellen: [27], [38], [43-46], [99-101], [106]

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Regelmäßige, also, wiederholte Gewalt oder Vernachlässigung in der Kindheit führt (fast) ausnahmslos zur Ausbildung eines täterloyalen Anteils. Ich habe im folgenden Text alles in meinen Worten zusammengetragen, was ich in meinen zahlreichen Bücher dazu gefunden habe. Ich bitte darüber hinwegzusehen, dass ich mich in gewisser Form immer geringfügig wiederhole:

Der innere bösartige Kritiker (auch Täterintrojekt-, Übertragung-, oder Identifikation genannt) ist entstanden durch frühen kindlichen Missbrauch, Misshandlungen und Vernachlässigungen in der Kindheit. Das Kind wurde gezwungen, mit den System der Normen und Regeln der Bezugspersonen zu schmelzen, um alles perfekt zu machen, um so vielleicht ein ganz kleines bisschen Zuwendung zu bekommen, um die Bezugspersonen milde(r) zu stimmen. Diese neue innere Identität, die dadurch entsteht, denkt also haargenau wie die Bezugspersonen, wenn sie einen straften, ignorierten und sonst wie schädigten. Die tief verankerten Glaubensätze, die dann entstehen, sind alle äußerst negativ. [43]

Die Dipl.-Psych. Stefanie Rösch vom Trauma-Informationszentrum [102] sagt dazu, dass Täterintrojekte aber nicht bloß "einfache" toxische Gedanken sind wie "Ich bin wertlos". Denn durch Bewusstwerdung dieses störenden toxischen Gedankens und dem bewussten Gegensteuern könnte schnell man Abhilfe schaffen, indem man sich regelmäßig täglich für mindestens 3 Wochen sagt "Ich BIN wertvoll". Täterintrojekte sind jedoch viel komplexer. Sie sind ein Bündel von Gedanken und Handlungen, die ein intensives Innenleben führen, also ein ICH-Zustand, der dem damaligen Täter gefallen möchte, um weniger Gewalt zu erleben oder eine (etwas) positive Aufmerksamkeit zu bekommen. Dieser ICH-Zustand ist in der damaligen Zeit zum Zeitpunkt der traumatischen Erfahrung eingefroren und ist quasi eine "Kopie des Täters". Täterintrojekte müsse man daher als eigenständige Person in der ursprünglichen Person behandeln, mit denen man reden kann, und sie fragt, was sie wollen. Im Extremfall können sie sogar ganz die Kontrolle übernehmen, siehe Dissoziative Identitätsstörungstörung. Mit giftigen Gedanken kann man hingegen nicht reden, es sind bloß Gedanken. Quelle [102]: Trauma-Informationszentrum, Antwort auf Leserbrief, Datum: 24.06.2017, Autorin: Dipl.-Psych. Stefanie Rösch: Unterschied zwischen giftigen Gedanken und Täterintrojekten.

Der Psychoanalytiker Dr. Arno Grün beschreibt es in seinem Buch [48] "Das Fremde in uns", 2002, so: Das Kind darf sich nicht als Opfer erfahren. Das könnte es nicht verkraften zu wissen, dass die Eltern seinen Bedürfnissen kalt oder gleichgültig gegenüber stehen. Es muss also den Mythos aufrecht erhalten, dass seine Eltern immer das Beste wollen und es lieben. Als Kind oder Säugling ist man vollständig abhängig von seinen Eltern. Das heißt, das misshandelte oder vernachlässigte Kind übernimmt die erfahrenen Werte der Eltern, ihre "kinderfeindliche Haltung", um nicht die eigenen Gefühle der Bedürftigkeit und Hilflosigkeit spüren zu müssen. Also, übernimmt man etwas "Fremdes in das eigene Selbst". Er setzt das Fremde auch gleich mit einem inneren Feind. Das führt schlussendlich dazu, dass man keine eigene Identität entwickelt. Das führt später auch als Folge dazu, dass man sich eher willenlos anderen Autoritäten unterwirft als andere.

Als Kind benötigt man ein gewisses Vertrauen, dass man von den Eltern Schutz, Geborgenheit und Liebe erfährt und auch weiterhin erfahren wird. Die Angst hilflos zu sein, wäre unerträglich und lebensgefährlich. Das Kind interpretiert daher, dass die Grausamkeit und Gleichgültigkeit, die es erfährt, mit ihm selbst zu tun haben muss. Denn aus seiner Sicht müssen die Eltern immer gut sein und sind sie es mal nicht, dann muss es an ihm liegen. Würde das Kind theoretischerweise seine Wut, über das, was passiert, sowie dass es hilflos und hilfebedürftig in diesem System gefangen ist, fühlen, könnte es seine Eltern verärgern, so dass, dass sie ihm die Fürsorge ganz entziehen. Das wäre tödlich. Das Opfersein muss also verleugnet, verdrängt werden. Wenn nicht, käme der erlittene Terror hervor mit allen seinen schmerzhaftesten Gefühlen. [48]

Um es noch mal so einfach wie möglich zu sagen: Durch frühe Gewalt sind die betroffenen Kinder aus Hilflosigkeit gezwungen worden, wie die Täter zu denken, zu fühlen und im noch schlimmeren Fall sie in Handlungen zu imitieren. Sie haben das kinder- und menschenverachtende Wertesystem ihrer Quäler übernommen, wobei dieses absolut keinen Bezug zur heutigen Alltagswelt hat. Deswegen kennen diese täterloyalen- imitierenden Anteile auch kein angemessenes Verhalten. [26]

Diese Identifikation mit dem Aggressor ermöglicht das Weiterleben, ist jedoch der verzweifelte Versuch, die erlebte Gewalt als "Stärke" zu bewerten. Man idealisiert dazu die Person, die einem Leid hinzufügt. Jedoch unterdrückt gerade diese "Stärke" den erlittenen eigenen Schmerz und verhindert die Überwindung desselbigen. Nach einer Studie des Wissenschaftlers Fridtjor Schaeffer ist der Begriff "Pathologische Treue" geprägt, veröffentlicht in der Fachzeitschrift für Neurologie und Psychiatrie "Der Nervenarzt", 1961. [48]

Wenn Kinder noch einen Rest an liebevolle Zuwendung bekommen, ist diese Entwicklung nicht ganz so endgültig. Minderwertigkeitsgefühle bleiben im "erworbenen Selbst" nicht völlig abgespalten. [48]

Die Opfer-Anteile und die Täter-Anteile interagieren miteinander. Sind die Opfer-Anteile in Not, dann sind es natürlich auch die Täter-Anteile. Diese wollen dann den/die Opferanteil/e zum Schweigen bringen. Denn so haben sie es bei den ursprünglichen Tätern gesehen und verinnerlicht. Das heißt, der Täter-Anteil kann sinngemäß zum Traumatisierten sagen: "Ach, heul doch nicht, du Memme." Denn die Erfahrung in der Kindheit war: Bin ich weinerlich oder schwach, wird alles nur noch schlimmer. [26]

Das Problem an Täterintrojekten ist, dass je häufiger sie mit dem Alltags-ICH der Person verschmelzen, um so mehr fühlt oder denkt der Traumatisierte nicht nur wie der/die Täter, sondern am Ende handelt er sogar wie der/die Täter. Das fatale: Das Macht Ausüben und Böse sein kann sogar großen Spaß machen. Dann ist es um so schwieriger, die alte Dissoziation zu durchbrechen und Täterkarrieren zu stoppen. [26]

Verwendete Quellen: [26], [43], [48], [102]

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Um etwas über Dissoziation zu schreiben, möchte ich erst etwas über das Gegenteil der Integration sagen: Integration bedeutet, dass man sich als Ganzes, als ein ganzer Mensch erfährt: Mit seiner Biografie und all seinen Erfahrungen. Dadurch sind wir im Stande, unsere Vergangenheit zu bewerten und auch zu betrachten, genauso wie sich Zukunftsgedanken zu machen, ohne aus der Gegenwart unkontrolliert abzudriften. Das heißt, wir bleiben immer in der Gegenwart fest verwurzelt. Wir sehen uns immer ununterbrochen als ganzheitliche Person bzw. Persönlichkeit. Diese natürliche Fähigkeit wird erworben durch ein verlässliches Umfeld, in der wir uns emotional entwickeln konnten. Das heißt in der Lebenspraxis kann eine gesunde Person sich im Berufsleben befinden und dazugehörige Gedanken, Gefühle und Entscheidungsprozesse haben. Sie wird sich dadurch aber nie in ihrer Wahrnehmung als ganze Person verändern. Natürlich muss sich eine Person an unterschiedliche Situation des Tages oder des Lebens anpassen und somit ist ihre Persönlichkeit auch flexibel und berechenbar, aber als Mensch bleibt man immer "stabil und koordiniert". [44]

Es gibt auch gesunde Dissoziationen z.B., wenn ich eine Arbeit tue oder jemanden zuhören möchte und dabei träume oder an etwas anderes denke. [59]

Die krankhafte Dissoziation (Abspaltung) ist jedoch ein Selbstschutz der Seele. Wenn eine Person in einer überwältigenden Situation Angst, Ohnmacht und Erniedrigung spürt und nicht mehr flüchten oder kämpfen kann, dann dissoziiert sie (spaltet sich ab). Anders gesagt: Sie muss sich unterwerfen oder stellt sich tot. Wie oben bereits unter dem Punkt Empirisches zu Vergewaltigungen beschrieben habe, schafft der Betroffene eine Trennung von Körper und Empfindung oder von Empfindung und Wahrnehmung. Der Autor Pete Walker schreibt in seinem Buch [43], dass Kinder sich durch das Dissoziieren vor dem Gefühl der Einsamkeit in der Kindheit schützen. Denn die Alternative wäre all die Wucht des gesamten Schmerzes zu spüren. Aber das Kind muss weiterhin in seinem häuslichen Kontext weiterleben, also dissoziiert es chronisch.

Der Autor Pete Walker beschreibt die Rechtshirndissoziation als die klassische Form der Dissoziation. Die rechte Hirnhälfte schaltet sich quasi ab, so dass der Betroffene geistig soweit absinkt, dass er/sie stumpf wird, tagträumt, verwirrt ist oder müde ist. So bekommt er weniger von dem Schmerz und der Erniedrigung mit. In der Literatur [44] wird die Auswirkung von Dissoziation so beschrieben, dass man die erlebte Erfahrung gleichzeitig als seine eigene erkennt, aber gleichzeitig sie auch nicht als seine eigene anerkennt. Das heißt, ein gewisser Teil meiner Selbst nimmt die traumatische Erfahrung wahr, ein anderer Teil jedoch nicht. Das führt dazu, dass der Betroffene mit dissoziativen Störungen durch Erleben einer traumatischen Kindheit Gedanken, Erinnerungen, Verhaltensweisen hat, die sich irgendwie fremdartig anfühlen, als ob sie nicht zu einem selbst gehören, sondern zu einer anderen Person. [44]

Die Traumatherapeutin und Autorin Michaela Huber [26] schreibt dazu, dass man Dissoziation nicht einfach in Bewusstes und Unbewusstes klassifizieren kann. Sondern sie passiert dann, wenn das (z.B. kindliche) Gehirn mit der Verarbeitung von traumatischen Erlebnissen überfordert ist, so dass das Gehirn diese Informationen aus Gründen des Selbstschutzes nicht in ein kontinuierlichen Bewusstseinsstrom zusammenhängend einfügt, sondern isoliert, zersplittert (fragmentiert). Die Gedanken bzw. die Gefühle sind somit von der Erkenntnis der Erfahrung getrennt worden. Das Kind muss sich in diese lebensrettende Dissoziation flüchten, damit die Bindung zu den Eltern aufrecht erhalten werden kann. Denn ein Kind ist abhängig von den Eltern, wahrhaftig seine hilflose und desaströse Lage zu erkennen, wäre schlichtweg emotional nicht zu ertragen.

Die Dissoziation ist eine "perfekte" Überlebensstrategie des Gehirns. Sie ermöglicht ein Weiterleben, ohne dass der Schmerz, die Verzweiflung all der belastenden Erfahrungen das betreffende Kind überwältigt. [26]

Die Autoren der Literatur [44] heben hervor, dass jeder anfällig für Dissoziation ist. Aber gerade Kinder, besonders kleine Kinder, können aufgrund ihres unausgereiften Gehirns traumatische Erfahrungen noch viel schwieriger integrieren als Erwachsene. Kindern fehlt es an ausreichend Selbstwertgefühl und gesamter Integrität ihrer Persönlichkeit, welche sich natürlich noch in der Entwicklung befindet. Sie sind quasi prädestiniert für das Dissoziieren. Die Forschung weiß, dass wenn - allgemein gesprochen - soziale und emotionale Unterstützung fehlen, die Menschen stärker dazu neigen, Traumafolgestörungen zu entwickeln. Ganz besonders gilt das für Kinder. Gerade traumatisierte Kinder benötigen einen familiären Rahmen, die den betroffenen Kindern Schutz, Trost und Kompetenzen zur Selbsttröstung zu vermitteln. Ist das nicht vorhanden, wird die Dissoziation aufrechterhalten bzw. keine Kompetenzen vermittelt, um diese zu beenden.

Diese oben oberflächlich beschriebene Dissoziation kann man noch weiter klassifizieren. Diese Klassifizierung geht auf Prof. Onno van der Hart zurück [27]:
Nach einem schweren Trauma teilt sich die Persönlichkeit in:

Passieren weiterhin wiederholt schwere Trauma, dann teilt sich übrigens der EP noch ein oder mehrere Male.

Die ANP versucht sein Alltagsleben weiterzuführen, als wäre nichts geschehen. Sie ist nur funktional. Der EP ist der Teil, in dem all der erlittene Schmerz gespeichert ist. Er ist auf Abwehr, Kampf, Flucht, erhöhte Wachsamkeit fixiert. Er möchte nicht an das Trauma erinnert werden. Beides (ANP und EP) sind "unverhaltnismäßig starr von einander abgegrenzt", Seite 20, Quelle: [27]. Der EP bricht immer wieder in den ANP ein, indem Erinnerungen, Gefühle an das Trauma überwältigend einstürzen.

Die britische Psychotherapeutin Vivian Broughton nennt in ihrem Buch [59] "Zurück in mein Ich", 2014, die Anteile, in die sich das Selbst während einer traumatischen Erfahrung teilt, wenn das Opfer nicht fliehen oder kämpfen kann, wie folgt:

Das Überlebens-Ich:
Während des Traumas ist es dissoziiert in einen tranceähnlichen Zustand. Danach ist seine Strategie, sich auf keinen Fall an das Trauma zu erinnern. Die Strategien der Vermeidung können sich soweit ausbauen, vertiefen, dass das damalige Opfer das Überlebens-Ich nun für sein wahres Selbst hält. Das Überlebens-Ich kann durch kleinste Auslöser getriggert werden. Dieser Teil der Psyche kann gar nicht unterscheiden zwischen, den Gefühlen, die es fühlt/fühlen will und den unverarbeiteten Gefühlen des erlittenen Traumas. Und nicht zu vergessen: Hat das Überlebens-Ich die Regie, kann man keine guten Beziehungen führen, ist nicht emphatisch und möchte gerne alles kontrollieren - zum eigenen Schutz. Beispiel: Kommt dann das Gefühl der Liebe hoch oder will hochkommen, kommt auch das alte Gefühl der Angst (während der Kindheit) hoch, allerdings in unterdrückter Form. [59]

Die dysfunktionalen Strategien des Überlebens-Ich sind z.B.: extremes Arbeiten, Erkenntnissucht, d.h. intensives Denken und alles analysieren als Vermeidungsstrategie zum nicht Fühlen müssen [38], vermeiden von sozialen Kontakten, manipulierendes Verhalten, viel essen, rauchen, trinken, Konflikte vermeiden/anzetten, viel einkaufen usw. Der Traumaforscher Prof. Onno van der Hart bezeichnet in [27] diese Handlungen auch als "niedere Ersatzhandlungen".

Das Traumatisierte Ich:
Hier sind all die heftigsten, schmerzhaftesten Gefühle des Traumas gespeichert. Ab dem Zeitpunkt des Traumas entwickelt es sich jedoch nicht weiter. Es versucht ständig ins Bewusstsein einzubrechen, um für das ungelöste Trauma eine Lösung zu finden. Um auf sich aufmerksam zu machen, entwickelt es auch "gern" körperliche Symptome. [59]

Das gesunde Ich:
Es spürt, dass es etwas fehlt, nicht in Ordnung ist und sehnt sich nach Ganzheit und sucht sich Hilfe. Das gesamte Verhalten des gesunden Ichs ist angemessen: kognitiv, sexuell, emotional. [59]

Aus dem Kreislauf der chronischen Dissoziation in einem misshandelnden Bindungssystem können Kinder theoretisch erst ab dem Alter von ca. 14 Jahren ausbrechen, indem sie soweit gewachsen sind, dass sie sich erstmals körperlich zur Wehr setzen könnten. Vor allem Jungen wehren sich häufig. Mädchen richten die Ohnmacht und die Wut jedoch eher tendenziell gegen sich selbst, indem sie sich selbst verletzen, hungern oder Fressattacken erliegen. [26]

Verwendete Quellen: [26], [27], [38], [43], [44], [59]

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Sekundäre Traumatisierung kennt man vielleicht eher durch das Phänomen, dass Therapeuten durch das Hören von traumatischen Material, selbst eine Traumasymptomatik entwickeln können, Quelle: Artikel [30] vom Ärzteblatt, veröffentlicht am März 2010 von Marion Sonnenmoser: Sekundäre Traumatisierung, Mythos oder Realität? Diese Art von Traumatisierung ist empirisch noch nicht gesichert.

Auf dieses Phänomen beziehe ich mich aber nicht. Ich möchte erläutern, wie eine "echte", primär traumatisierte Person eine sekundäre Traumatisierung entwickeln kann. Ich möchte hier ein Beispiel aufführen, was mir ein renommierter Traumaforscher (Psychiater) vom Universitätsklinikum in einem persönlichen Gespräch erzählt hat:

Angenommen eine Person wird auf einem Parkplatz überfallen und geht danach sofort in den 25 Meter entfernten Supermarkt. Dort bricht diese Person zusammen. Nach einem längeren oder kürzeren Aufenthalt im Supermarkt, wo ihr all ihre Verletzungen bewusst werden, geht sie nach Hause. Fortan hat das Gehirn den Supermarkt mit dem Gewaltverbrechen verknüpft. Das Besondere ist, der Supermarkt ist kein primärer Aspekt, nichts, was während des Überfalls präsent war wie z.B. die Lichtverhältnisse während des Überfalls, der Geruch des Täters, die benutzte Waffe, die Kleidung des Täter oder die man selbst anhatte usw. Es kann aber auch andersherum sein: Die Person war vorher im Supermarkt und tritt dann auf den Parkplatz und wird überfallen.

Der Supermarkt hat direkt nichts mit dem Überfall zu tun, weder in der einen noch in der anderen Variante. Aber das Gehirn kann in dieser Situation der Überforderung alles mit der Traumatisierung verknüpfen. Entwickelt die Person eine Traumafolgestörung, triggert sie nicht nur die primären Aspekte, sondern auch der sekundäre Aspekt (hier: der Supermarkt) ist eine Trigger-Komponente.

Ungünstigerweise sind primäre und sekundäre Aspekt miteinander vernetzt: Jeder primäre Aspekt kann den sekundären Aspekt triggern. Der sekundäre Trigger triggert aber auch immer die primären. Beispiel: Der Traumatisierte sieht eine Person, die dem Täter ähnelt, hat einen Flashback und träumt nachts vom Überfall, aber ebenso auch angsterfüllt vom Supermarkt. Oder der Traumatisierte betritt einen Supermarkt, bekommt einen Flashback und träumt nachts nicht nur vom Überfall, sondern auch vom Supermarkt, vielleicht sogar ausschließlich nur vom Supermarkt.

Verwendete Quelle: privates Gespräch mit Traumaforscher aus dem Universitätsklinikum und [30]

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Zu diesem Thema möchte ich auf ein sehr interessantes, gut zu verstehendes Kurz-Video verweisen:
Es stammt von der Fachstelle Förderung und Integration, Basel-Stadt, Marianne Herzog, Fachbeauftragte für Traumapädagogik [47]: Über die Vorgänge im Hirn während großer Gefahr für Leib und Seele. Es hat mich einerseits sehr beeindruckt, wie anschaulich und leicht verständlich es ist. Andererseits erklärt es eindrücklich die Notwendigkeit des "Inneren sicheres Ortes" für Traumatisierte. Dass das Video speziell über Kinder- und Schulkinder berichtet, ist für meine Website ein positiver Zufallsumstand.

Die im Video erwähnte Hormonausschüttung während einer traumatischen Erfahrung führt dazu, dass der Hippocampus mit Angsthormonen wie Cortisol und Catecholamine überflutet werden. Das führt dazu, dass sich Angst-Erlebnisse besonders tief einbrennen. Da der Teil des Hippocampus eingeschränkt ist (der Hippocampus ist der Teil, in dem das biografische Wissen gespeichert wird, Anm. v. mir) wird das traumatische Erlebnis hauptsächlich im emotionalen Zentrum abgespeichert. Quelle [29]: Thieme-Fachartikel von 10.8.2010, Autor Dr. med. Felicitas Witte: Posttraumatische Belastungsstörung. Vereinfacht gesagt kann man sagen, die Hormonausschüttung unter Angst verhindert eine korrekte Abspeicherung des Erlebnisses. Hier finden Sie ausführlicheres zum Thema das traumatisierte Gehirn.

Verwendete Quellen: [47], [29]

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Laut der Beschreibung von Andrew Skodol, MD, von der University of Arizona College of Medicine auf der Seite des Msd Manual, Ausgabe für medizinische Fachkreise [61], zuletzt geändert im Mai 2018, definiert sich eine BPS durch:

...Beginn Zitat aus [61]...

"Ein anhaltendes Muster aus instabilen Beziehungen, Selbstbild und Emotionen (d. h. emotionale Dysregulation) und ausgeprägter Impulsivität."...Zitat Ende aus [61]...

Mindestens 5 Muster müssen zutreffen:

...Beginn Zitat aus [61]...

  1. "Verzweifelte Bemühungen zu vermeiden verlassen zu werden (tatsächliche oder vermeintliche)
  2. Instabile, intensive Beziehungen, die zwischen Idealisierung und Abwertung der anderen Person wechseln
  3. Ein instabiles Selbstbild oder Selbstwertgefühl
  4. Impulsivität in ≥ 2 Bereichen, die ihnen schaden könnte (z. B. ungeschützter Sex, Binge-eating, rücksichtsloses Fahren)
  5. Wiederholtes suizidales Verhalten, Gesten oder Drohungen oder Selbstverstümmelung
  6. Schnelle Veränderungen in der Stimmung, dauern in der Regel nur wenige Stunden und nur selten mehr als ein paar Tage
  7. Anhaltendes Gefühl der Leere
  8. Unpassend intensiver Ärger oder Probleme, die Wut zu steuern
  9. Temporäre paranoide Gedanken oder schwere dissoziative Symptome, ausgelöst durch Stress ausgelöst."
...Zitat Ende aus [61]...

Diese Persönlichkeitsstörung ist gekennzeichnet durch [44]:

Die Unfähigkeit, Gefühle zu regulieren, scheint ein Hauptmerkmal der Borderline-Erkrankung zu sein. Besonders auf Ablehnung und Zurückweisung wird sehr sensibel reagiert. Anhand eines Experiments, eines virtuellen Ballspiels, am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim 2014 konnte ein Team um die Psychologin Melanie Domsalla feststellen, dass sogar die Hirnregion (genauer: der dorsale anteriore zinguläre Kortex) der Borderline-Patienten aktiviert wurde, wenn sie nicht nur unvorhersehbar benachteiligt wurden, sondern auch schon dann, wenn sie in der Kontrollgruppe vorher wussten, dass sie in einem Spiel benachteiligt werden würden, weil die festgelegten Regel das so vorhersahen und nicht zu ändern sei. Auf neuronaler Ebene ist die erhöhte Aktivität dieser Hirnregion eine Art Alarmsystem bei körperlichem wie sozialem Schmerz und zeigt an, dass die Ablehnung ungewöhnlich intensiv und schmerzhaft erlebt wird. Quelle: Spektrum-Artikel, Geist & Gehirn [111] vom 20.12.2021, von Dr. Marlene Krauch, Neurowissenschaftlerin und Psychologische Psychotherapeutin: Borderline-Persönlichkeitsstörung: Von wegen lebenslänglich.

Offensichtlich springt ihr Alarmsystem dann schon an, wenn sie gar nicht ungerecht behandelt werden. [111]

Ein bis drei Prozent der Bevölkerung leiden an einer Borderline-Persönlichkeitsstörung. Jedoch gilt sie nicht mehr als unheilbar. 80% der Betroffenen erfüllen nach 10 Jahren nicht mehr die Kriterien. Das ist wichtig zu betonen, denn viele Therapeuten sind leider manchmal von den vielen Symptomen überfordert und schätzen den Behandlungserfolg häufig zu niedrig ein, was am Ende zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung werden kann. [111]

Es gilt als wissenschaftlich belegt, dass die BPS durch unsichere Bindungserfahrungen in der Kindheit entsteht, d.h. durch schwere (Bindungs-)Trauma durch enge Bindungspartner. [26] Näheres zu Thema Bindungstrauma finden Sie hier.

Ebenso finden Sie hier (im unteren Abschnitt) einen Vergleich zwischen der komplexen PTBS und der Borderline-Persönlichkeitsstörung. Denn beide Beschwerdebilder sollten klar voneinander abgegrenzt werden.

Oft wird fälschlicherweise eine BPS diagnostiziert, dabei liegt eine bipolare Störung vor. [61]

Verwendete Quellen: [26], [44], [61], [111]

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Wenn wiederholt schwerste Traumatisierungen in der Kindheit passieren, teilt sich nicht nur viele Male der Teil der Persönlichkeit, der mit dem Schmerz überfordert ist, es entstehen sozusagen viele EPs (emotionale Persönlichkeitsanteile). Sondern es teilt sich auch die anscheinend normale Alltagspersönlichkeit (ANP) in viele Anteile. Das ist bei der komplexen posttraumatischen Belastungsstörung nicht der Fall. [27]

Alle diese Persönlichkeitsanteile weisen unterschiedliche Vorlieben und Verhaltensmuster auf und können sich oft voneinander erheblich unterscheiden. Ebenso besitzt jeder ein eigenes Gedächtnis. Die Anteile treten nie gleichzeitig in Erscheinung, Quelle: Netdoktor-Artikel [71] von Julia Dobmeier, Master-Psychologie-Studentin, 28.5.2018: Dissoziative Störung.

Verwendete Quellen: [27], [71]

a. Dissoziative Amnesie

Darunter versteht man den völligen oder teilweisen Gedächnisverlust, oft an ein traumatisches, d.h. sehr schmerzhaftes Ereignis, manchmal auch ein Unfall. Der Gedächnisverlust lässt sich jedoch nicht durch eine Hirnschädigung oder durch Drogenkonsum erklären. Die dissoziative Amnesie kann Zeiträume von Minuten oder auch von Jahrzehnte beinhalten, selten auch das gesamte Leben. Der Verlust der Erinnerung umfasst biografische Fakten oder Dinge, die die Wahrnehmung betreffen, z.B.: wo man war, wer man ist, was man gesagt, getan, gedacht hat und was passiert ist. Manchmal kommt die Erinnerung wieder, manchmal auch nie. In diesem Fall kann die Blockade, die die Amnesie ausgelöst hat, nicht aufgelöst werden, Quelle: MSD Manual-Artikel [72] von David Spiegel, MD, Stanford University School of Medicine, März 2019 (zuletzt geändert): Dissoziative Amnesie.

b. Fugue

Fugue zählt man auch zur dissoziativen Amnesie, tritt aber nur selten auf. "Fugue" bedeutet auf lateinisch "flüchten" oder "Flucht." Der Betroffene weiß aufgrund eines unerträglichen Leids oder eines Problems nicht mehr, wer man ist und läuft weg. Manchmal hält dieser Zustand nur kurz an und die Betroffenen kommen einfach etwas später nach Hause zurück. Aber manchmal fangen sie aber auch ein neues Leben an oder einen neuen Job. Während der Fugue-Phase erscheinen sie völlig normal oder allenfalls etwas verwirrt. Endet die Fugue-Phase, finden sich Betroffene in einer ihnen völlig unbekannten Situation wieder und sind geschockt oder ängstlich. Manchmal dauert es etwas, bis die Erinnerung von "davor" wiederkommt, manchmal kommt sie aber auch nie wieder, Quelle: MSD Manual-Artikel [73] von David Spiegel, MD, Stanford University School of Medicine, März 2019 (zuletzt geändert): Dissoziative Fugue.

c. Depersonalisation - Derealisation

Depersonalisation ist das Gefühl, vom eigenen Körper oder Denken getrennt zu sein.
Derealisation ist das Gefühl, von der Umgebung getrennt zu sein.

Diese Gefühle bezeichnet mal als krankhaft, wenn sie nicht durch Drogen oder Medikamente verursacht werden, und wenn sie entweder den Alltag beinträchtigen oder als leidhaft wahrgenommen werden. Ursache sind belastende Erlebnisse wie: traumatische Gewalterfahrungen, Lebensgefahr, Schlafentzug, Kindheit mit einen psychisch kranken oder beeinträchtigten Elternteil, plötzlicher Todesfall einer geliebten Person, Quelle: MSD Manual-Artikel [74] von David Spiegel, MD, Stanford University School of Medicine, März 2019 (zuletzt geändert): Depersonalisation - Derealisation

Verwendete Quellen: [27], [72-74]

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Das Kind ist weitgehenst, gerade in den ersten Kinderjahren, allein der Mutter ausgesetzt. Gesegnet seien die Familien, wo noch Großeltern mit im Haushalt mitleben und für die Kinder dauerhaft-regelmäßig emotional verfügbar sind. Leider sind das seltene Ausnahmen, daher sind die Kinder, gerade bevor sie in den Kindergarten kommen, allein der Mutter ausgesetzt und somit auch ihrer Unfähigkeit, ihrer heidlosen Überforderung sowie Stress und auch ihrer vollen Härte und Grausamkeit, egal ob diese bewusst oder gänzlich unbewusst durch eigene schwere, untherapierte Traumatisierungen passieren, weil die Mutter in ihrer eigenen Kindheit jenem ausgesetzt war. Oft ist der Vater in der Familie nicht mehr vorhanden oder durch den Kampf des finanziellen Überlebens berufsbedingt kaum zu Hause und kann allenfalls als "Gelegenheitsbezugsperson" bezeichnet werden. Auch sind jüngere Mütter oft finanziell schlecht gestellt. [26]

Gerade die Mutter ist die Hauptperson, wo das Kind Empathie erfahren und selbst lernen sollte. Empathie ist wichtig, um in der Gesellschaft friedlich und harmonisch zusammenzuleben. [26]

Früher Bindungsstress führt bei Kindern zu Frühreife im Vorderhirn. Da diese Kinder um jede Aufmerksamkeit ihrer Eltern kämpfen und/oder sich um ältere Geschwister kümmern müssen, entwickeln sie sehr ausgeprägte Fürsorglichkeit für andere, leider geht das auf Kosten der eigenen Selbstbeobachtungsgabe ("Was will ich? Wie fühle ich mich?"), die unterentwickelt bleibt. Diese Kinder sind sehr emphatisch nach außen, aber nicht mit sich selbst. Vor allem haben sie nicht gelernt, durch die Spiegelneuronen einer mitfühlenden Mutter sich selbst zu beruhigen. Das sind aber entscheidende Punkte der Persönlichkeitsentwicklung, die dann nicht stattgefunden haben. [26]

Als Konsequenz ist das Kind überfordert mit seinen negativen Gefühlsstürmen und klammert dann an den Bezugspersonen, die dann genervt reagieren, oder das Kind zieht sich immer mehr ins sich selbst zurück und spaltet sich noch mehr ab.

Die Gründe für Bindungstraumata beschreibt die Psychologin Sandra Konrad wörtlich in [50], Seite 84:

...Beginn Zitat...
"Emotional überforderte, psychisch kranke, traumatisierte oder bindungsunsichere Eltern sind für ein Kind oftmals keine ausreichend guten Bindungspartner. Sie sind für das Kind nicht vorhersehbar, nicht feinfühlig genug für dessen Bedürfnisse und geben nicht die Stabilität, die ein Kind braucht, um gesund aufzuwachsen..."...Zitat Ende [50]...

Bzgl. der Schäden durch ein Bindungstrauma kam die US-Psychologin Angela Nickerson und Kollegen 2011 in einer repräsentativen Studie zu dem Schluss:

...Beginn Zitat [26], Seite 75...
"Je früher die über 2800 untersuchten Erwachsenen ein Elternteil verloren haben, desto negativer wirkte sich das auf ihre seelische Gesundheit aus. Aber sie fanden auch heraus: Je härter die Erziehungsmethoden der Eltern waren, desto schlechter ging es den Kindern später im Leben. Und diese Befunde galten unabhängig von Rasse und Geschlecht."...Zitat Ende [26]...

Die Frage ist, wie genau entsteht ein Bindungstrauma?
Kinder können regelmäßig nerven und das ist völlig normal! Kindererziehung ist anstrengend. Kinder sind noch unfähig zur normalen Kommunikation, müssen sich aber mitteilen, dass sie etwas benötigen. Das geht nur durch Schreien und Nerven. Ihr Programm ist: Groß werden! Alles lernen! Überleben! Eltern sollten sich vor der Elternschaft ernsthaft die Frage stellen, ob sie sich fähig fühlen, den Stress des Elternseins auf sich zu nehmen. [1]

Einen weiteren Aspekt bzgl. Bindungsstrauma möchte ich aufgreifen:
Die Psychologin Stefanie Stahl sagt, dass sie es überraschend findet, dass nahezu alle Eltern sagen, dass sie ihre Kinder lieben. Aber die meisten Kinder sagen rückwirkend, dass sie sich nicht ausreichend geliebt gefühlt haben, so ihre praktische Erfahrung. [1]

Auch die Psychologin Sandra Konrad schreibt zu dieser Thematik in [50], dass die meisten Eltern ihre Kinder lieben und das Beste für sie wollen. Jedoch ist es ein Unterschied sein Kind zu lieben oder ihm ein guter Bindungspartner zu sein. Eltern können ihre Kind mehr als sich selbst lieben und dennoch völlig unfähig sein, ihnen Sicherheit und Geborgenheit zu geben. Das ist jedoch die Basis zur Entwicklung von Bindungsfähigkeit und einem stabilen Selbstwertgefühl.

Sandra Konrad schreibt wörtlich in ihrem Buch [39]:

...Zitat, Seite 20...
"Jede Familie hat ihre positiven und stärkenden, aber auch ihre dunklen Seiten, ihre Geheimnisse, ihre Verletzungen. Das jeweilige emotionale Erbe zieht sich wie ein roter Faden durch die Generationen. Das Gute und das Schlechte - es bleibt in der Familie."...Zitat Ende [39]...

Jetzt möchte ich den Mechanismus des Bindungstraumas (oft auch Trauma der Liebe genannt) erklären [59]:
Im Mutterleib ist das Ungeborene mit der Mutter verbunden. Empfindet sie in der Schwangerschaft Angst, Stress, Sorgen oder fand die Empfängnis unter unglücklichen oder gar gewalttätigen Umständen statt, dann fühlt das Ungeborene ebenfalls all diese Gefühle. Das Kind übernimmt diese Prägung. Das Tor steht offen für eine transgenerationale Übertragung. Falls die Mutter selbst ein Bindungstrauma erlitten hat, z.B. nicht ausreichend geliebt wurde, misshandelt wurde, gedemütigt wurde usw., dann hat auch sie ein gespaltenes Selbst, siehe dazu auch Dissoziation. Darauf gehe ich später noch mehr ein.

Das Bindungstrauma kann auch schon durch die Schwangerschaft neu ausgelöst werden, dann fühlt das Kind all das, was die Mutter gefühlt hat: ihre Verwirrung, Angst, ihr Entsetzen, ihre Ambivalenz. Das Ungeborene hat keine Kontrolle, kein Unterscheidungsvermögen, sich davon abzugrenzen. [59]

Franz Ruppert, Prof. Dr. der Psychologie, schreibt dazu in seinem Buch "Frühes Trauma" [112], von 2014, 1. Auflage:
Durch die Autoren Chamberlain 2010, de Jong 2004, Emerson 2012, Janov 2012, Janus und Häsing 1997, Krüll 2009, Levend und Janus 2011, Meissner 2011, Schindler 2011 oder Renggli 2013, die sich mit vorgeburtlichen (pränatal) und Geburtsaspekten (perinatal) beschäftigen, weiß man eindeutig, dass im menschlichen Organismus schon in den ersten Schwangerschaftswochen psychische Vorgänge wie wahrnehmen, fühlen, denken, wollen, erinnern, sich seiner selbst bewusst werden im Entstehen sind. Die Qualität dieser psychischen Vorgänge nehmen bis zum Zeitpunkt der Geburt immer weiter und schneller zu. Das passiert nicht erst nach der Geburt. Allerdings muss man betonen, dass "Psyche" nicht "Bewusstsein" bedeutet und "Bewusstsein" nicht "Sprache". Die meisten Prozesse laufen unterbewusst ab. Es gibt ein vorsprachliches (präverbales) Bewusstsein und ein Bewusstsein fern vom sprachlichen Ausdruck. [112]

Aus Selbstschutz von tödlicher Übererregung muss das Ungeborene bzw. das Kind auf traumatische Erlebnisse (z.B. Abtreibungsversuch, Wachstumsstörung durch Mangelernährung, Discobesuch mit extremst lauter Musik, gefangen im Geburtskanal) mit psychischer Abspaltung reagieren. Wenn man in einem so frühen Stadium des Lebens traumatisiert wird, können schnell schwere und bleibende Schäden an Körper wie Psyche eintreten, welches sich gerade im Aufbau findet. [112]

Je früher die Traumatisierungen, um so schwieriger sie psychotherapeutisch zu behandeln. [112]

Durch eine schwere Geburt bzw. schwere Geburtsumstände wird verhindert, dass in ausreichender Menge das Bindungshormon Oxytocin (umgangssprachlich: Liebeshormon genannt) ausgeschüttet wird. Das führt zur Verringerung der Bindung zwischen Mutter und Kind. [59]

Ist das Baby geboren, will es einfach nur geliebt werden. Es will körperliche und emotionale Liebe, Wärme spüren, sich sicher und geschützt fühlen und ernährt werden. Liebevoll gesprochene Worte "Alles wird gut. Mama kommt gleich" versteht es nicht. Es ist nur Schall und hat keine Bedeutung für das Baby, auch wenn es die Stimme der Mutter erkennt. Es hat kein Verstand und kann denken: "Oh, Mama, kommt gleich. Alles okay." Wenn einer dieser Grundbedürfnisse (Wärme, Nähe, Nahrung) fehlt, muss es fürchten, nicht zu überleben. So entsteht ein Bindungstrauma. [59]

Ich verweise bzgl. dieser Thematik - bei weiterem Interesse - gern auf folgenden Artikel [62] von Ulrich Pontes, vom 28.03.2013, aus www.dasgehirn.info: Liebe ein Grundnahrungsmittel. Es wird die essentielle Wichtigkeit der Liebe der Mutter erläutert. Fehlt diese, kann es zu massiven körperlichen oder geistigen Fehlentwicklungen kommen. Im aller schlimmsten Fall zum verheerrenden Kaspar-Hauser-Syndrom (wie die sog. Wolfskinder).

Frühe Bindungstraumata sind immer Existenztraumata. Das bedeutet unser körperliches Überleben ist in Gefahr. Zeitlich umfasst es die Zeit vor, während und nach der Geburt. Auch ein Brutkasten verursacht ein Bindungstrauma, denn das Baby wird von der Mutter getrennt, genauso wie bei einer Adoption oder wenn es bei Verwandten anstatt der Mutter aufwachsen muss. Aber auch medizinische Operationen kurz nach der Geburt oder eine Beschneidung können ein Bindungs- Existenztrauma auslösen. [59]

Die Autorin Sandra Konrad schreibt in [50] - wie ich auch schon oft auf meiner Website geschrieben habe -, der häufigste Grund für ein Bindungstrauma ist die Unfähigkeit der Mutter, emotional und liebevoll für das Kind da zu sein. Der Grund ist die eigene Traumatisierung der Mutter.

Das Fatale ist: Da das Kind in der ersten Lebensphase sich schnell hilflos und überwältigt fühlt, kann es nichts tun als zu weinen, um auf sich aufmerksam zu machen. Die einzige Bindung, die das Baby "erreicht", ist die der Mutter. Denn die kennt das Kind schon (Geruch, Stimme, Geschmack). Eine frühe, liebevolle Bindung zum Vater ist zwar angenehm, aber die Bindung zur Mutter ist für das Kind gerade in der frühen Phase seines Lebens von großer Bedeutung. [59]

Diese Wichtigkeit zeigt sich während des Stillens: Der Blickkontakt zwischen Mutter und Kind beim Saugen zusammen ist das Entscheidende. Das Kind ist mit der Mutter verbunden. Fehlt diese symbiotische Verbindung entsteht ein Bindungstrauma. Immer öfter sieht man Mütter die auf ihr Smartphone starren, während sie ihr Baby füttern.

Laut dem Gynäkologen Prof. Dr. Michael Abou-Dakn sind zwei Hormone wichtig für das Stillen: das Bindungshormon Oxytocin und das Prolaktin, das Hormon, zur Bildung von Milch in den Milchdrüsen. Durch das Saugen des Säuglings wird die Produktion zusätzlich noch angeregt. Das Bindungshormon Oxytocin macht das Kind, aber auch die Mutter glücklich. Das Prolaktin ist verantwortlich für den Wunsch der Mutter, sich gerne um das Kind kümmern zu wollen. Beide Hormone stärken also die Verbindung zwischen Mutter und Kind. Stillende Mütter erholen sich auch schneller von der Geburt als nicht stillende, Quelle [64]: Luna Mum-Artikel von Silvia Silko: Stillhormone: Was genau passiert beim Stillen?

Zusammenfassend kann man sagen: die Bindung zwischen Mutter und Kind werden durch Hormone, Körperkontakt und gemeinsame Geburt gestärkt. [64] Ist das Kind im Brutkasten, wird adoptiert oder wächst bei anderen Verwandten auf, fallen somit zwei Faktoren schon weg. Es ist kein Körperkontakt möglich, und es werden auch nicht viele Bindungshormone gebildet durch gemeinsame Zeit zwischen Mutter und Kind. Die Bindung ist somit geschwächt oder nicht vorhanden, und das Kind erleidet ein Bindungstrauma.

Hat die Mutter auch ein Trauma erlitten (wie oben schon kurz angrissen), ist bei ihr auch ein Überlebens-Ich entstanden. Schreit das Kind, oder ist "nervig", gerät die Mutter in eine emotionale, überfordernde Situation und ihr eigenes, ungelöstes Trauma wird angetriggert. Die Folge ist: nicht ihr gesunder Anteil übernimmt die Führung, sondern ihr Überlebens-Ich. Das kann aber nicht emphatisch zugewandet reagieren. [59]

Diese geistige-emotionale Abwesenheit, die Dissoziation der Mutter bemerkt das Kind, welches ganz feine "Antennen" hat. Zusätzlich ist die Mutter nicht darüber reflektiert, was in ihr vorgeht. Obwohl sie ihr Kind lieben kann, kann ihr Trauma so sehr getriggert sein, dass sie von ihren starken Gefühlen komplett eingenommen ist. Wohlmöglich meint die Mutter dieses verwirrende Gefühl sei Angst, und irgendwann kann es sogar passieren, dass sie davon überzeugt ist, ihr Kind würde all diese negativen Gefühle in ihr auslösen. [59]

Während die Mutter dissoziiert, passiert währenddessen auch etwas Paradoxes beim Kind: [59]

Das ist ein andauerndes schweres Dilemma für das Kind: "Ich will bei Mama sein. Aber komme ich ihr nah, spüre ich, dass es sie unglücklich und ängstlich macht. Besser ich halte mich zurück, aber das tut sooo weh. Ich habe Angst zu sterben - so allein."

Die Autorin vertieft in [59] den Mechanismus des Bindungstraumas bzw. der transgenerationalen Übertragung mit folgendem Beispiel:
Ein Kind verliert als es selbst Kind war, seinen Bruder durch einen Unfall etc. verloren. Die gesamte Familienstruktur leidet: Das Kind verliert ein Geschwisterteil, eine Mutter ihr Kind, eine Großmutter ihren Enkel. Keiner spricht über den Schmerz, alle leiden still. Keiner will dem anderen zur Last fallen in der neuen schwierigen Situation. Vielleicht geht sogar die Ehe der Eltern des verstorbenen Kindes deswegen kaputt.

Jetzt beginnt die emotionale Abspaltung (die sog. Dissoziation). Als Resultat hatte das besagte Kind keine gute Beziehung zur Mutter, da diese trauerte. Die Liebe, die das Kind erfuhr, war immer vermischt mit Schmerz und Leid.

Das Kind ist nun erwachsen geworden und hat eigene Kinder und gibt das Bindungstrauma in die nächste Generation. Es gibt Familien, wo über Generationen so ein Trauma weitergeben wird. Das Bindungstrauma dupliziert sich. Das Fatale an der Dynamik ist, dass das Kind auch der nächsten Generation nicht versteht, dass es nicht die eigenen Gefühle des Schmerzes erlebt, sondern die der Mutter, der Großmutter und/oder der Urgroßmutter.

Hat man ein Bindungstrauma erlitten lösen spätere, neue Traumatisierungen immer wieder dieses Bindungstrauma neu aus. [59]

Der Psychotraumatologe Prof. Dr. Franz Ruppert sieht in einem solchen frühen Trauma die Schwierigkeit einer gesunden stabilen Entwicklung des Kindes, d.h. die Entwicklung einer gesunden Ich-Struktur und einer Autonomieentwicklung. [112]

Welche Bindungserfahrungen wir in der Kindheit, v.a. in der frühen, machen, bestimmt welcher Bindungstyp (siehe unten) wir werden.

Die Fähigkeit zur sicheren Bindung findet in den ersten Lebensjahren statt. Ob wir wollen oder nicht: Unsere Bindungspersonen zeigen uns, ob wir Bindung als sicher oder unsicher erleben und ob Liebe schön ist oder weh tut. [50]

Die 4 Bindungsarten, die entstehen können, sind:

1. Die sichere Bindung
Sie entsteht, wenn die Eltern (Ersatzeltern) uns liebevoll begegnen, unsere Bedürfnisse nach Schutz, Geborgenheit befriedigen. Sie helfen dem Kind, Urvertrauen und Selbstbewusstsein zu entwickeln. Bestenfalls zeigen sie, dass Konflikte konstruktiv und respektvoll geklärt werden. Aber noch viel wichtiger, sie helfen dem Kind, sich selbst zu lieben, aber auch andere Menschen. [50]

2. Unsicher-vermeidende Bindung
Dieser Bindungsstil entwickelt sich, wenn die (Ersatz-)Eltern zurückweisend sind und das Kind vernachlässigen. Als Erwachsene meiden sie enge Beziehungen, ihre Unabhängigkeit ist ihnen sehr wichtig. Leider idealisieren sie ihre Eltern, obwohl sie bewusst nur wenig aus ihrer Kindheit erinnern.

Laut der Psychologin Sandra Konrad haben in Deutschland 40% aller Menschen einen unsicher-vermeidenden Bindungsstil. [50]

3. Unsicher-ambivalente Bindung
Wie der Name schon sagt, die Eltern waren ambivalent: mal lieb und zugewandet und dann wieder abweisend und kalt. Gerade diese Kinder entwickeln besonders viel Gespür, die Eltern zu umsorgen und milde zu stimmen, um etwas mehr Aufmerksamkeit zu bekommen. Diese Ambivalenz der Eltern übernehmen dann die Kinder als Erwachsene: In Beziehungen klammern sie und sind sehr anhänglich. Sie haben sogar den unrealistischen Wunsch, mit dem Partner symbiotisch zu verschmelzen. Dann schwankt es ins Gegenteil: sie wollen allein sein, haben aber ausgeprägte Trennungsängste. [50]

4. Unsicher-desorganisierte Bindung
Dieser ist der fatalste Bindungsstil. Er entstand durch massive Belastungen in der Kindheit, z.B. psychische, körperliche, sexuelle Gewalt. Die Kinder dieser Bindungspersonen waren entweder psychisch krank, traumatisiert und konnten deswegen nicht auf die Bedürfnisse des Kindes eingehen, so dass sich in ihnen kein Ur- und Selbstvertrauen entwickeln konnte. Sie leiden auch unter Minderwertigkeitsgefühlen. Die gemachten Bindungserfahrungen waren so prägend, dass sie Angst haben, Bindungen einzugehen. Dieser Bindungsstil geht oft mit psychischen Erkrankungen und "dem Versuch, sich selbst zu behandeln - mit Alkohol, Drogen" einher, Quelle: Worte entnommen aus [50], Seite 86.

Im Buch "Der Feind im Inneren" [26] schreibt Traumapsychologin Michaela Huber, dass auch der/die Betroffene mit unsicher-desorganisierten Bindungsstil sich widersprüchlich verhält: sich der Person annähern, aber gleichzeitig sie meiden. Patienten mit Borderline-Persönlichkeitsstörung werden diesem Bindungsstil zugeordnet. Sie sind ständig hin- und hergerissen zwischen Handlungen, Gefühle, Gedanken.

Wer noch wissenschaftlicher in diese Thematik einsteigen möchte, hier finden Sie die Beschreibungen aller Bindungsstile aus einem Online-Lexikon für Psychologie und Pädagogik, [58], Stangl, 2020: Die 4 Bindungstypen.

Reinszenierung
Unsere unverarbeiteten Bindungswunden führen dazu, dass wir unsere mangelhafte und unbefriedigte Kindheit reinszenieren: Wir suchen uns Menschen, vorzugsweise PartnerInnen, die in den Kernbereichen unseren ersten Bindungspartnern ähneln, um mit ihnen (völlig unbewusst) unsere Kindheit zu wiederholen. Aber wir hoffen diesmal auf ein Happy End, dass jetzt alles anders wird. Die Psychologin Sandra Konrad erläutert sogar in [50], dass dieser Mechanismus der Wiederholung der Qual unvermeidbar ist. Denn sie sagt, Menschen, die keine so intensiven Erinnerungen in uns hervorrufen, auf uns langweilig, fade und uninteressant wirken. Also fühlen wir uns (völlig unbewusst) hingezogen zu Menschen, die schmerzhafte Gefühle in uns hervorheben. Wohlmöglich glaubten wir, dass wir dieses aber schon verarbeitet hätten. [50]

Verwendete Quellen: [1], [26], [39], [50], [58], [59], [62], [64], [112]

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Der in Fachkreisen hochgeschätze Taumaforscher Onno van der Hart schreibt (zusammen mit seinen Kollegen Ellert Nijenhuis, Kathy Steele) in seinem Buch "Das verfolgte Selbst" [27], 2006, wörtlich auf Seite 31:

...Beginn Zitat...
"Solange sich Patienten vor dem, was in ihrer Psyche geschieht, fürchten, können sie ihre inneren Erlebnisse nicht integrieren, und die strukturelle Dissoziation bleibt aufrechterhalten."...Zitat Ende [27].

Das heißt übersetzt: Man muss irgendwie an den innere Grauen ran und seine Lebensgeschichte aufarbeiten.

Oder wie es die Psychologin Vivian Broughton in [59] wörtlich auf Seite 21 beschreibt:

...Beginn Zitat [59]...
"Heilung heißt nicht, dass die Verletzung nie existierte, sondern dass die Verletzung nicht mehr Ihr Leben bestimmt."...Zitat Ende [59]...

Die Autorin Gabrielle Mörth, auf die ich oben schon Bezug nehme, schreibt in ihrem Buch [3], dass der Prozess der Heilung von Gewalttraumta (hier: Vergewaltigung) nicht gut funktioniert, wenn man allein ist. Für die Heilung benötigt man ein Gegenüber, was das urmenschliche Bedürfnis nach Bindung "sättigt". Um seine Wunden heilen zu können, benötigt man jemand, der einem zuhört, der einen akzeptiert und versteht, jemand, der einem auch hilft, sich selbst zu verstehen und ernst zu nehmen, wie auch, der einen selbst ernst nimmt. Seinen erlittenen Schmerz in Worte zu formulieren, heißt seine Würde und seine Person als Ganzes wiederherzustellen.

Durch den tiefen Schmerz, den die Seele erlitten hat, hat sich oft eine Art Selbstschutz/-Isolierung herausgebildet. Durch die massive Grenzverletzung durch die Vergewaltigung bauen sich die Opfer oft eine innere Mauer um sich herum. In der Therapie muss nun dieser Selbstschutz wieder langsam abgebaut werden. Daher ist eine wohlwollende Person/ Therapeut sehr wichtig.

Egal, welche Therapieform man nutzt, das Ziel aller Traumatherapien ist immer gleich: Sich dem Schmerz annähern, sich als Person wieder annehmen/ lieben, und das, was passiert ist, als Teil der eigenen Biografie annehmen. Es geht auch darum, das Erlebte im Konzept der Umwelt zu akzeptieren. Das Betrauern, was passiert ist, löst dann die innere Erstarrung sowie die Schuldgefühle auf. [9] Das bewusste Wahrnehmen des seelischen Schmerzes ist wichtig, genauso wie Neubewertung des Ganzen. [3]

Der Psychotherapeut John Bradshaw schreibt in [38], Traumatherapie heißt sich dem Urschmerz, der sich in der Kindheit immer mehr ansammelte, zuzuwenden. Nur wer trauert, kann gesund werden. Doch die Erstarrung (Dissoziation) sowie die Scham behindern Heilung. Das muss durchbrochen werden. Und Trauer begleitet immer die Heilungsprozesse.

Mit anderen Worten: Man muss sich so lange mit seiner eigenen Geschichte beschäftigen (sprich: konfrontieren), dass sie einen nicht mehr von den Füßen reißt. Ärzte bzw. Neurologen beschreiben es auch so: Die Reizschwelle muss hoch gesetzt werden, so dass nicht (mehr) wegen jeder Kleinigkeit das Traumagedächnis aktiviert (angetriggert) wird. Quelle: Den Inhalt des letzten Satzes sagte mir ein Arzt in einem persönlichen Gespräch, ebenso eine forschende Psychologin in einer Traumastudie 2016 an der Charité Berlin. Letztere sagte mir auch, dass die neueste Forschung auch nicht mehr nur rät zu stabilisieren, sondern intensiv "konfrontieren, konfrontieren, konfrontieren."

Verwendete Quellen: Gespräch mit Arzt, Psychologin an der Charité Berlin sowie [3], [9], [38]

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In der Traumatherapie geht es immer um folgenden Ablauf, entnommen aus [27], Seite 32:

...Beginn Zitat...
  1. Stabilisierung und Symptomverringerung
  2. Behandlung der traumatischen Erinnerungen
  3. Integration und Rehabilitation der Persönlichkeit
...Zitat Ende...

Ich möchte das Thema Traumatherapie abschließend recht kurz anschneiden. Es gibt bestimmt noch mehr Therapieformen, aber die folgenden sind einige der häufigsten:

  1. EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing)
  2. IRRT (Imagery Rescripting & Reprocessing Therapy)
  3. Narrative Exposure Therapy (NET)
  4. Prolonged Exposure Therapy (PE)

Kurzbeschreibung der Methoden:

EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing)

Übersetzt bedeutet EMDR in etwa: Desensibilisierung und Neubearbeitung durch Augenbewegungen. Francine Shapiro entdeckte per Zufall, dass die Bilder ihrer schweren Krebserkrankung sich abschwächten, sobald sie die Augen im schnellen Rhythmus von links nach rechts bewegte. Shapiro entdeckte in ihren Untersuchungen auch, dass sogar nicht erinnerte Bruchstücke der traumatischen Erfahrung zurückkehrten. So konnte das Erlebte besser in die eigene Lebensgeschichte integriert werden.

Der Kern dieser Therapieform ist: Während der schnellen Augenbewegungen soll man sich den schlimmsten Moment des Traumas mit allen negativen Gedanken ("ich bin schuld") vorzustellen und in die Gefühle intensiv "eintauchen". Irgendwann lässt der emotionale Druck der Erinnerung nach. Dann kann das Erlebnis neu bewerten werden ("ich habe überlebt") und durch die Augenbewegungen noch verstärkt verankert werden. Warum diese Augenbewegungen so heilsam sind, ist noch unklar. Der Ansatz der am meisten vertreten wird, ist dass diese Augenbewegungen ähnliche Prozesse im Hirn auslösen wie die REM-Schlafphasen (REM für Rapid Eye Movement). So kann das Gehirn die Erinnerungen besser in höheren Speichergedächnis des Cortex abspeichern. Aus den früheren diffusen Erinnerungstücken kann ein bewusstes Erinnern entstehen, Quelle [68]: Gehirn & Geist-Artikel (05/2004): "Spezial Trauma: Therapie - die Macht der Augenblicke", Autor: Arne Hoffmann.

IRRT (Imagery Rescripting & Reprocessing Therapy)

Ganz frei übersetzen würde ich es mit: Die (Trauma-)Therapie des bildhaften Umschreibens und Neubewertens. IRRT wurde von Prof. Dr. Mervyn Schmucker in den 1990er Jahren entwickelt zur Therapie von sexuell oder körperlich misshandelten Kindern. Sie ist geeignet zur Behandlung von Traumafolgestörungen (PTBS), Angsttörungen und dissoziativen Störungen, wie Borderline-Persönlichkeitsstörung, aber auch bei Depressionen und Trauerreaktionenen. Die Wirksamkeit dieser Therapie ist gleich hoch wie bei der EMDR Therapie oder der längeren Expositionstherapie (Prolonged Exposure Therapy).

Das Therapiekonzept ist - verkürzt gesagt - das erlittene Trauma auf einer inneren Bühne wiederzuerleben und dann umzuschreiben. Mit dem Unterschied, dass das aktuelle-ICH (mit seinem heutigen Wissen) auf sein damaliges ICH trifft und jetzt den/die Täter entmachten kann. Durch die Sprache, d.h. die Führung des Psychologen, und durch die inneren Bilder kann das Trauma konfrontiert und transformiert werden. Und zwischen dem Trauma-ICH und dem aktuellen ICH kann Versöhnung, Trost und Beruhigung entstehen. Parallel zu den Sitzungen gibt es Hausaufgaben und Nachbesprechungen, Quelle [65] und [66]: IRRT Förderverein e.V., Prof. Dr. Mervyn Schmucker: Über die IRRT; Klinik Oberberg, Autor unbekannt: IRRT-Therapie.

Narrative Exposure Therapy (NET)

Frei aber sinngemäß übersetzt lautet die deutsche Übersetzung: Therapie der Konfrontation durch Erzählen. Bei dieser Therapieform wird im Rahmen einer Verhaltenstherapie nicht nur das traumatische Erlebnis behandelt, sondern der Patient berichtet ganz allgemein von seinem Leben. Nicht verarbeitete Traumatisierungen können dann noch mal in einer Extra-Konfrontation bearbeitet werden. Ziel dieser Therapie ist: Durch die Konfrontation setzt irgendwann eine Gewöhnung an die Angstreaktion ein, PTBS-Symptome können sich verringen. Und schließlich gelingt die Integration des Erlebnisses in die eigene Lebensgeschichte, Quelle [67]: Neurologen und Psychiater im Netz, Autor unbekannt, fachliche Unterstützung durch Prof. Dr. med. Ulrich Schnyder: Posttraumatische Belastungsstörung - Therapie.

Prolonged Exposure Therapy (PE)

In dieser Therapie geht es hauptsächlich darum, das traumatische Erlebnis ausführlich zu konfrontieren. So intensiv wie möglich soll das Trauma erneut durchlebt werden. Die Traumakonfrontation wird auf Tonband aufgenommen und soll sich der Patient dann zuhause täglich angehören. Das Ziel ist durch die wiederholte, regelmäßige Konfrontation, die Angstsymptome des traumatischen Erlebnisses zu verringern. [67]

Behandlung des täterloyalen Anteils/ Introjekts bei komplexer posttraumatischer Belastungsstörung

Wenn die Behandlung des Introjekts alleine nicht gelingt, ist es angebracht, ihn mit fachlicher Hilfe anzugehen. Das Geheimnis der Heilung/der Entmachtung des Introjekts besteht darin, sich immer und immer wieder ihm zu stellen und ihn zu entmachten. Aufgabe der Therapie ist es zu erforschen, welche Auslöser ihn aktivieren. Denn dass er agiert, ist klar. Das Endziel ist, aus dem inneren Zerstörer einen inneren Beschützer zu machen [26]. Das Motto heißt: "Wandel durch Annäherung" (Worte entnommen aus [26], Seite 141). Rückfälle in alte Gewohnheiten wird es in der Behandlung von Täterintrojekten immer gehen. Diese soll man sich aber schnell vergeben. Denn die schlimmste Form wäre es, sich wegen des noch nicht einstellenden Erfolgs zu hassen. Es ist wichtig zu verstehen: So ist seine Taktik! Sein Ziel ist uns zu zerstören. Aber Heilung davon ist möglich, auch wenn es ein lebenslanger Kampf ist! [43]

Zur Behandlung von Täterintrojekten eignet sich auch die Ego-State-Therapie, Quelle: siehe den Ärzteblatt-Artikel [70] vom 13.8.2014, Autor: Vera Kattermann: Ego-State-Therapie.

Beziehungswunde heilen

Tiefgreifende Heilung kann dann beginnen, sobald der Betroffene erkennt, dass er sich mit seinem tiefen Wunden und in seinen Flashbacks einem anderen Menschen (z.B. auch einem Therapeuten) zeigen kann, der ihm wohlwollend gegenüber steht und dass er nicht abgelehnt wird. So erfährt er endlich, dass er nicht mehr die seit Kindheit im Überlebenskampf auferlegte Rolle des Perfektionismus "spielen" muss, um geliebt oder anerkannt zu werden. [43]

Internationale Traumaforscher [109] formulierten die Wichtigkeit der Beziehung zum Therapeuten so - entnommen von Seite 26 aus [26]:

...Beginn Zitat...
"Etwa 85% der Wirkung von Psychotherapie sind auf Beziehungsvariablen zurückzuführen und nur 15% der Technik geschuldet."...Zitat Ende [26]...

Verwendete Quellen: [26], [27], [43], [65], [66], [67], [68], [70], [109]

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In dem folgenden Text beziehe ich mich auf das Buch "Trauma und Traumafolgestörungen" [106], aus dem Jahr 2017 von Prof. Dr. Andreas Maercker, Leiter der Psychopathologie und klinischen Intervention an der Universität Zürich.

Anmerkung von mir: Es geht hier nicht um die Linderung von einzelnen Symptomen wie z.B. Schlafstörungen mit Schlafmitteln, sondern um eine ursächliche medikamentöse Therapie der PTBS.

In der "echten" Behandlung der PTBS konnte leider bis jetzt kein geeignetes Medikament entwickelt werden. Es fehlen zu viele Details zum biochemischen Hirnstoffwechsel der PTBS-Erkrankung. Deswegen und aufgrund fehlender Therapieerfolge hat sich die Pharmaforschung aus der Erforschung neuer Medikamente weitgehend zurückgezogen.

Die medikamentöse Therapie bei PTBS wird daher immer als "Therapie der zweiten Wahl" gesehen.

Die "Therapie der ersten Wahl" bei Traumafolgestörungen ist die Psychotherapie, die immer spezifischer wurde. Mit ihr ist eine Besserung der Symptomatik bzw. eine Zurückerlangung einer guten Lebensqualität möglich.

Falls doch Medikamente bei PTBS verschrieben werden, sind dies Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI), meist der neuesten Generation. Das einzige SSRI, was von der Arzneimittelbehörde offiziell für PTBS zu gelassen ist, ist das Paroxetin. Andere Handelsnamen sind: Deroxat, Paronex, Paxil, Seroxat, Tagonis. Patienten, bei denen es eine Linderung verschafft, müssen dies mindestens 8-12 Wochen einnehmen. Die gesamte Behandlungsdauer beträgt dann 6-12 Monate. Falls nach 3 Monaten keine Besserung eintritt, könnte auf ein anderes SSRI bzw. Antidepressiva (SSRI) ausgewichen werden: das Sertralin (andere Handelsnamen sind: Adjuvin, Zoloft) oder das Fluoxetin (andere Handelsnamen sind: Fluxet, Fluctine, Prozac).

Andere Medikamente, die gelegentlich von Ärzten verschrieben werden, haben in vorgeschriebenen Medikamentenstudien keine ausreichende Wirkung gezeigt.

Nur durch einen glücklichen Umstand fand man heraus, dass ein bekanntes Blutdruckmittel namens Prazosin (anderer Handelsname: Adversuten) PTBS-Alpträume lindern kann. Leider können mit diesem Medikament Nebenwirkungen wie Kreislaufschwäche, Schwindel, Ohrensausen und Nasenbluten auftreten. Dann sollte das Mittel abgesetzt werden.

Viele PTBS-Patienten lehnen auch eine medikamentöse Therapie eher ab. Sie sagen, dass sie was Schlimmes erlebt haben, diese Wunde sei nicht einfach von innen heraus mit einem Medikament rückgängig zu machen.

Verwendete Quelle: [106]

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Verwendete Literatur
[1] Diplom-Psychologin Stefanie Stahl, "Das Kind in dir muss Heimat finden", 2015, Seite 57, 58
[2] Prof. Dr. Friedrich Strian, FA für Neurologie/ Psychiatrie, "Angst und Angsterkranungen", 2000, Seite 97, Seite 100, 101
[3] Pädagogin und psychoanalytische Sozialtherapeutin Gabrielle Mörth, "Schrei nach innen, Vergewaltigung und das Leben danach", 1994, Seite 112, 58
[4] Maren Licht: Vergewaltigungsopfer. Hamburger Studien zur Kriminologie, Bd. 3. Centaurus-Verlagsgesellschaft 1989
[5] Prof. Menachim Amir: Patterns in Forcible Rape, Chiacago: University of Chicago Press 1971
[6] Christina Thürmer-Rohr, Frauen in Gewaltverhältnissen. Zur Generalisierung des Opferbegriffs. - In Mittäterschaft und Entdeckungslust. Studienschwerpunkt "Frauenforschung" am Institut für Sozialpädagogik der TU Berlin, 1996, Seite 29
[7] Ray Wyre & Anthony Swift, aus "Women, Men and Rape" im Verlag Hodder & Stoughton, 1990
[8] Alberto Godenzi: Bieder, brutal. Frauen und Männer sprechen über sexuelle Gewalt. Zürich: Universitätsverlag 1989
[9] Alice Miller, "Am Anfang war die Erziehung", Frankfurt/Main Suhrkampf, 1983
[10] Kurt Weis: Vergewaltigung und ihre Opfer, eine viktiomologische Untersuchung zur gesellschaftlichen Bewertung, Enke-Sozialwissenschaft 1982
[11] Ellert Njenhuis, "Die Trauma-Trinität: Ignoranz-Fragilität-Kontrolle: Die Entwicklung des Traumabegriffs", 2016
[12] Chalavi und Kollegen, 2013
[13] Jackowski et. al., 2008; Rinne-Albers, Van der Wee, Lamers-Winkelmann & Vermeiren, 2013
[14] Huang, Gundapuneedi & Rao, 2012
[15] Martin Teicher et. al., 2010
[16] Janina Fisher, "Die Arbeit mit Selbstanteilen in der Traumatherapie", 2019
[17] Gazzaniga, 2015
[18] Shin-Young Kim, Young-Ki. Chung et. al. (2012): Resting cerebral glucose metabolism and perfusion patterns in woman with posttraumatic stress disorder related to sexual assault in: Psychiatry Research: Neuroimaging, Online-Veröffentlichung, 29. März 2012
[19] Douglas J. Bremner (Emory University in Atlanta, USA) und Bernet M. Elzinga (Universität Leiden - NL)
[26] Psychotherapeutin Michaela Huber, "Der Feind im Inneren", 2013, Seite 26, Seite 75, Seite 103, Seite 141
[27] Prof. Onno van der Hart und Kollegen Ellert R. S. Nijenhuis & Kathy Stelle, "Das verfolgte Selbst", 2008, Seite 27, 31, 32
[31] Christine A. Rabinak & Mike et. al. Angstadt (2011): Altered amygdala resting-state functional connectivity in post-traumatic stress disorder, in: Frontiers in Psychiatry, 2, (62)
[32] Rebecca K. Sripada & Anthony P. King et. al. (2012): Altered resting-state amygadala functional connectivity in men with posttraumatic stress disorder, in: Journal of Psychiatry and Neuroscience, Online-Veröffentlichung, 7. Februar
[33] Peggy L. St. Jacques & Anne et. al. Botzung, (2011): Functional neuroimaging of emotionally intense autobiographical memories in post-traumatic stress disorder, in: Journal of Psychiatric Research, 45 (5), Seite 630-637
[34] Andrea L. Gold & Lisa Marie et. al. Shin (2011): Decreased regional cerebral blood flow in medial prefrontal cortex during trauma-unrelated stressfull imagery in Vietnam veterans with post-traumatic stress disorder, in: Psychological Medicine, 41 (12), Seite 2563-2572
[35] R. Jay Schulz-Heik & Marie et al. Schaer (2011): Catechol-O-methyltransferase Val158Met polymorphism moderates anterior cingulate volume in posttraumatic stress disorder, in: Biological Psychiatry, 70 (11), Seite 1091-1096
[36] Leonardo et. al. Baldacara (2011): Reduced cerebrallar left hemisphere and vermal volume in aduls with PTSD from a community sample, in: Journal of Psychiatric Research, 45 (12), Seite 1627-1633
[37] James Murrough & Yiyun et. al. Huang (2011): Reduced amygdala serotonin transporter binding in posttraumatic stress disorder, in: Biological Psychiatry, 70 (11), Seite 1033-1038
[38] Psychotherapeut John Bradshaw, "Das Kind in uns", 2013
[39] Psychologin Sandra Konrad, "Das bleibt in der Familie", 2016, Seite 190, Seite 20, 47, 179
[41] Fu Lye Woon & Dawson W. Hedges (2011): Gender does not moderate hippocampal volume deficits in adults with posttraumatic stress disorder: a meta-analysis, in: Hippocampus, 21 (3), Seite 243-252
[42] Katherine C. Hughes & Lisa Marie Shin (2011): Functional neuroimaging studies of posttraumatic stress disorder, in: Expert Review of Neurotherapeutics, 11 (2), Seite 275-285
[43] Psychotherapeut Pete Walker, "Posttraumatische Belastungsstörung - Vom Überleben zum neuen Leben, ein praktischer Ratgeber zur Überwindung von Kindheitstrauma", 2019
[44] S. Boon, K. Steele & O. Van der Hart, "Traumabedingte Dissoziation bewältigen", 2013
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[49] Zitiert bei Stewart Chamberlain, 1997, Seite 95
[50] Psychologin Sandra Konrad, " Liebe machen", 2016, Seite 84, 86
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Inhaltlich verwendete Links als Quelle:
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[56] Welt-Artikel, https://www.welt.de/wissenschaft/article1847275/Werden-wir-bereits-boese-geboren.html, 28.03.2008, zuletzt abgerufen 21.3.2020
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[63] Professor Dr. med. Martin Sack, Autor unbekannt, "Posttraumatische Belastungsstörung PTBS", https://www.apotheken-umschau.de/posttraumatische-belastungsstoerung, 29.04.2014, zuletzt aufgerufen 01.04.2020
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[98] news.de-Artikel von 01.07.2020, https://www.news.de/politik/855856381/kinderschaender-werden-haerter-bestraft-neue-gesetze-in-deutschland-reformpaket-zur-bekaempfung-sexualisierter-gewalt-gegen-kinder-kommt/1/, zuletzt aufgerufen am 01.07.2020
[102] Antwort auf Leserbrief ("Unterschied zwischen toxischen Gedanken und Täterintrojekt"), Trauma-Informationszentrum, Autorin: Dipl.-Psych. Stefanie Rösch, Datum: 26.06.2017, https://trauma-informations-zentrum.de/leserfrage-was-ist-der-unterschied-zwischen-giftigen-gedanken-und-taeterintrojekten-und-was-kann-ich-dagegen-tun/, zuletzt aufgerufen am 03.09.2020
[103] Tagesschau-Artikel von 06.10.2020, Autor: Bernd Wolf, ARD-Rechtsredaktion, https://www.tagesschau.de/ausland/eugh-vorratsdatenspeicherung-103.html?fbclid=IwAR2L2QjnHEEwKzfAkcqeuxacaa7riZlEkWR9ErsSdGGsIg8lGI1qNIR5xgc%3EEU-Urteil, zuletzt aufgerufen am 11.10.2020
[104] Ito-Artikel vom 06.10.2020, Autor: Dr. Markus Sehl, https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/eugh-c62317-vorratsdatenspeicherung-internet-telefon-eu-staaten-sicherheit-terrorismus-datenschutz-speichern-deutschland-kinderpornographie/%3EVorratsdatenspeicherung/, zuletzt aufgerufen am 11.10.2020
[105] Tagesschau-Artikel von 21.10.2020, Autor unbekannt, https://www.tagesschau.de/inland/strafen-sexualisiertegewalt-101.html?fbclid=IwAR3aHeP2j6D7c6Q0BqO1AxVb8KIB-45VAjmYitq36k0d5LrfQdpqWoGf5PA
[107] n-tv-Artikel von 29.04.2012, Autor dpa, https://www.n-tv.de/wissen/Gewalt-schaedigt-Erbgut-article6132221.html?service=mobile_responsive&coherent=true, zuletzt aufgerufen am 24.11.2020
[108] Artikel "Neuroplastizität" von 22.01.2019 (letzte Aktualisierung) von Dr. Ruth Mischnick, https://www.i-rm.org/neuroplastizitaet/
[110] S3 Leitlinie der Deutschsprachigen Gesellschaft für Psychotraumatologie (DeGPT), https://www.awmf.org/leitlinien/aktuelle-leitlinien/ll-liste/-284b719e09.html, zuletzt aufgerufen am 16.5.2021
[113] Interview mit Psychiater Werner Tschan in der Baseler Zeitung, publiziert von Daniel Wahl am 2.2.2021, https://pressetext.com/nfs261/091/pdf/3.pdf, zuletzt aufgerufen am 30.1.2023
[114] Artikel aus der pharmazeutischen Zeitung vom 22.12.2019, Autorin: Clara Wildenrath, zuletzt aufgerufen am 16.01.2024

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